Ronald Pofalla: „Wir müssen unsere Politik auch vor Gott verantworten“

Interview: CDU-Generalsekretär Pofalla will seine Partei schärfer von der SPD abgrenzen. Nächsten Samstag beginnt der CDU-Parteitag.

<strong>Düsseldorf. Herr Pofalla, die SPD ist auf ihrem Parteitag Ende Oktober nach links gerückt. Die Grünen haben am Wochenende versucht, ihr soziales Profil zu schärfen. Wo steht die CDU?Pofalla: Die CDU wird auf dem Parteitag deutlich machen, dass sie die einzige große Volkspartei der Mitte ist. Die SPD ist nach links gerückt. Die Grünen sind zunehmend nicht mehr regierungsfähig. Wir verstehen uns dagegen als Garant des Aufschwungs. Wir halten den erfolgreichen Kurs, der unter Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeschlagen wurde. Muss nicht genau dieser Kurs verändert werden? Die Menschen wollen soziale Sicherheit.Pofalla: Das neue Grundsatzprogramm wird deutlich machen: Die neue Architektur der CDU steht auf den beiden Säulen Freiheit und Sicherheit. Damit schaffen wir die Grundlage für 40 Prozent plus x bei der nächsten Bundestagswahl. Die Sicherheit ist doch nur das Postulat. Was bedeutet das für die praktische Politik?Pofalla: Wir werden den Menschen die Sicherheit geben, dass es auf dem Reformkurs gerecht zugeht. Doch anders als die SPD verengen wir uns nicht nur auf die soziale Gerechtigkeit und benutzen den Staat als gigantische Umverteilungsmaschinerie, sondern wir schaffen auch Leistungsgerechtigkeit, Familiengerechtigkeit, Chancengerechtigkeit und Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Wenn die SPD mit uns darüber streiten will, was gerecht ist in unserem Land, dann sage ich: nur zu. Zu Beginn der Koalition war noch die These weit verbreitet, die Volksparteien würden sich bis zur eigenen Unkenntlichkeit immer mehr annähern. Die Kanzlerin redet doch manchmal wie eine konservative SPD-Kreisvorsitzende.Pofalla: Eine Annäherung hat nicht stattgefunden. Die SPD ist mit ihrem Parteitag nach links gegangen. Die CDU hat ihren Platz als die Partei der Mitte gehalten. Beide Parteien sind damit weiter auseinandergerückt. Bei Fragen der Gerechtigkeit, der Rolle des Staates und dem Verständnis von Ehe und Familie sind wir weit auseinander.

"Nicht wir haben die krawallige Stimmung in der Koalition verursacht."

Der neue SPD-Vizekanzler, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, hat angekündigt, er wolle sich um die Geschlossenheit der Koalition kümmern.Pofalla: Das soll er dann auch tun. Es waren ja nicht wir, die die krawallige Stimmung in der Koalition verursacht haben. Auf dem SPD-Parteitag waren Wortbeiträge zu hören gewesen, die nicht zur Verbesserung des Klimas beigetragen haben. Damit tut sich die SPD auch selbst keinen Gefallen. Deren sinkende Zustimmung kommt auch nicht von nirgendwo. Man kann nicht einerseits behaupten, man präge die Handschrift dieser Regierung, um andererseits an der gleichen Regierungsbeteiligung fast zu verzweifeln. Regierung und Opposition - beides auf einmal geht nicht. Das spüren die Menschen. Wie wird sich die Entscheidung des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck auswirken, nicht in das Bundeskabinett einzutreten?Pofalla: Seine Entscheidung ist zu respektieren. Er hat aber auch eine Chance verpasst. Er hätte die entscheidende Führungskraft der SPD im Kabinett werden können. Bei so viel Liebe der Union zur Gerechtigkeit: Kommt der Post-Mindestlohn doch noch?Pofalla: Wir haben ein faires Angebot gemacht, das gilt weiter. Am besten wäre es aber, wenn Verdi und der Post-Arbeitgeberverband erneut verhandeln. Der vorliegende Tarifvertrag ist keine Grundlage, da er vor jedem deutschen Gericht erfolgreich angefochten werden kann. Das wäre das schönste Geschenk für die Unions-Wahlkämpfer in Niedersachsen und Hessen. Der Mindestlohn ist ja das einzige zündende Wahlkampf-Thema der SPD.Pofalla: Das Thema Mindestlohn als Wahlkampagne bringt die SPD nur in die Sackgasse. Die Grundvoraussetzungen für die Einführung eines Mindestlohns müssen erfüllt sein. Ein Tarifvertrag kann eben nur für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn von ihm 50 Prozent der Arbeitnehmer einer Branche erfasst sind. Das sehen auch meine Parteifreunde in Hessen, Niedersachsen und Hamburg so. Die Koalition hat schon die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gesenkt. Nur: Die Menschen spüren davon nichts, weil die Energiekosten steigen und steigen - und die Politik schaut zu.Pofalla: Erst einmal: Unsere Senkung der Sozialabgaben bringt im Jahr 2008 dem Durchschnittsverdiener - aufs Jahr gerechnet - 270 Euro netto mehr als zu Beginn der Legislaturperiode. Bei den Energiekosten hat Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) die Initiative ergriffen, das Kartellrecht zu ändern. Die Energieversorger werden ihre Preiserhöhungen begründen müssen. Es wird dabei eine Art Beweislast-umkehr geben. Einfach so die Energiepreise erhöhen, das geht künftig nicht mehr. Die Grundsatzprogramm-Diskussion ist in der CDU recht ruhig verlaufen, beinahe langweilig.Pofalla: Ich bin mit der Grundsatzprogrammdiskussion sehr zufrieden. Es gab über 2400 Änderungsanträge. Vieles ist eingearbeitet worden. Die Grundarchitektur des Entwurfs ist aber erhalten geblieben. In die Präambel ist jetzt auch der Gottesbezug aufgenommen worden. Das macht deutlich: Die Politik der CDU ist wertegebunden. Wir haben unsere Entscheidungen auch nicht nur vor den Wählerinnen und Wählern zu verantworten, sondern auch vor Gott.

Ronald Pofalla

Werdegang Ronald Pofalla ist 46 Jahre alt, Rechtsanwalt und Sozial-Pädagoge. Seit 1990 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Vom 26. Oktober 2004 bis zum Ende der 15. Wahlperiode war er stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

CDU-General Am 5. Dezember 2005 wurde Pofalla zum CDU-Generalsekretär ernannt. Er ist zudem Bezirksvorsitzender der CDU Niederrhein.