Zentralrat der Juden kritisiert Steinbrücks Nein zu Entschädigung - Minister: Keine Bitte von offizieller Seite

Das Nein von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) zu neuen Zahlungen an Holocaust-Opfer stößt im Zentralrat der Juden auf scharfe Kritik.

München/Berlin. Das Nein von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) zu neuen Zahlungen an Holocaust-Opfer stößt im Zentralrat der Juden auf scharfe Kritik. Zwar seien im so genannten Luxemburger Abkommen von 1952 die Ansprüche juristisch erfüllt worden, sagte Generalsekretär Stephan Kramer am Freitag "FOCUS Online". "Wenn aber heute Shoa-Überlebende keine Entschädigung erhalten haben, weil sie durch das Netz der Anspruchsregelungen gefallen sind, dann muss man sich verantwortungsvoll mit diesen Ansprüchen auseinandersetzen." Ein Sprecher Steinbrücks verwies am Freitag in Berlin erneut darauf, dass es von israelischer Seite keine offizielle Anfrage gebe.
Steinbrück hielt sich seit Mittwoch zu Gesprächen in Israel auf. Sein Sprecher sagte am Freitag, es habe keine Verhandlungen zum Thema Holocaust-Entschädigung gegeben. Der Minister hatte in einem am Donnerstag erschienenen Interview mit der "Jüdischen Allgemeinen" betont, Deutschland und Israel hätten für die Entschädigung von Holocaust-Opfern eine abschließende Vereinbarung getroffen, neue Verhandlungen seien nicht geplant. In einem "Wiedergutmachungsabkommen" hatte Deutschland 1952 den Holocaust-Überlebenden in Israel insgesamt rund 3,5 Milliarden Mark zuerkannt.
Kramer bezeichnete es am Freitag als "verwerflich", wenn Steinbrück mit Verweis auf das Abkommen neue Zahlungen ausschließe. Berlin müsse vielmehr schnellstens Gespräche aufnehmen, um Klarheit über die Ansprüche zu erhalten. Die Geschichte der Entschädigung werfe zwar grundsätzlich ein gutes Licht auf Deutschland. Kramer verwies jedoch darauf, dass bis Anfang der 90er-Jahre Holocaust-Opfer, die hinter dem Eisernen Vorhang gelebt hätten, von Entschädigungszahlungen ausgeschlossen gewesen seien. "Wenn diese heute nur Einmalzahlungen erhalten, weil die Anmeldefristen für laufende Rentenzahlungen schon lange abgelaufen sind, dann ist das moralisch nicht in Ordnung."