USA: Rache, Lügen, Intrigen
George W. Bush wird von seinem früheren Sprecher schwer belastet. Muss der Präsident gehen?
Washington. US-Präsident George W. Bush ist von seinem früheren Sprecher Scott McClellan bezichtigt worden, in einer Geheimdienstaffäre falsche Informationen verbreitet zu haben. In einem Buch über seine Zeit im Weißen Haus schreibt McClellan laut vorab veröffentlichten Auszügen, dass Bush ihn vor vier Jahren ausdrücklich aufgefordert habe, in der Affäre um die Enttarnung der CIA-Agentin Valerie Plame seine engen Vertrauten Karl Rove und Lewis "Scooter" Libby vor der Presse in Schutz zu nehmen.
"So stand ich also zwei Wochen lang im Scheinwerferlicht des Presseraums im Weißen Haus und habe öffentlich zwei der höchsten Berater entlastet", schreibt McClellan. "Es gab dabei ein Problem: Es war nicht wahr."
In der komplexen Affäre war es um die Frage gegangen, wer die Infomationen über die Geheimdiensttätigkeiten von Frau Plame an die US-Medien weitergereicht hatte. Das Weiße Haus bestritt vehement den Verdacht, dass Bushs Berater Rove und Libby damit zu tun hatten.
Ihren Beginn hatte die Affäre im Juli 2003 genommen, als Plames Mann, der Ex-Botschafter Wilson, die Bush-Regierung beschuldigte, die Gefährdung durch abgebliche Massenvernichtungswaffen des Irak aufgebauscht und dadurch eine Rechtfertigung für die Invasion konstruiert zu haben. Kurz darauf wurde Plame in einer Zeitungskolumne als CIA-Agentin enttarnt; ihre Karriere im Geheimdienst war damit abrupt beendet. Es wurde der Verdacht laut, bei der Enttarnung der CIA-Agentin habe es sich um eine Racheakt des Weißen Hauses gegen Wilson gehandelt.
Scott McClellan schildert das Vorgehen des Präsidenten in der Affäre so: "Der mächtigste Mann der Welt forderte mich auf, für ihn zu sprechen und ihm dabei zu helfen, jene Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, die er wegen der erfolglosen Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak verloren hatte."
Durch seine Verteidigung für Rove und Libby reichte McClellan nach eigenen Worten auf Aufforderung des Präsidenten "unwissentlich falsche Informationen weiter". Fünf Regierungsvertreter hätten ihn dazu gedrängt: Neben Bush, Rove und Libby auch Vizepräsident Dick Cheney und der damalige Stabschef Andrew Card. Ex-Berater Libby war im Verfahren um die Enttarnung Plames im Frühjahr schuldig gesprochen und wegen Falschaussage und Behinderung der Justiz zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Bush sprach kurz darauf eine Teilbegnadigung für seinen Ex-Mitarbeiter aus und hob die Haftstrafe auf.
Sollte es stimmen, dass US-Präsident Bush von der gezielten Enttarnung der früheren CIA-Agentin Plame wusste oder sogar einer der Drahtzieher des Racheaktes war, dann wäre dies Grund für ein Amtsenthebungsverfahren. Bush hätte nicht nur gegenüber dem Geheimdienst einen Vertrauensbruch begangen und eine eigene Agentin in Lebensgefahr gebracht, sondern auch die nationale Sicherheit aufs Spiel gesetzt. Sollte McClellan tatsächlich über Beweise verfügen, dann stünde die Regierung vor einem Debakel.