Malaysia: Ein Land im Farbenrausch

Eine Reise entlang der thailändischen Grenze zeigt das Land von seiner bunten Seite — und seiner stillen.

Foto: Daniela Kebel

Die Tischdecke aus Plastik leuchtet giftgrün, die Sitzkissen auf den weißen Stühlen sind knallrot. An der Decke baumeln riesige Papierkugeln, die aussehen wie Erdbeeren. In dem kleinen Imbiss gibt es heiße und kalte Getränke, Knabbereien aus farbenfrohen Tüten und natürlich die obligatorische Garküche. Malaysia ist bunt. So bunt und überladen, so kitschig und knallig in seinen Farben, dass man sämtliche Vorstellungen von harmonierenden Farbkompositionen am besten gleich nach der Ankunft auf der Insel Penang über Bord wirft.

Foto: Daniela Kebel

Zwei steinerne Wächter stehen am Eingang des buddhistischen Tempels Wat Chayamangkalaram: der eine violett-blau, der andere rosa-grün gewandet. Vor ihnen eine türkise Schlange mit drachenähnlichem Kopf, hinter allem prangt eine rot-goldene Dekoration. Im Tempelinneren tellergroße Papierblumen: orange-pink oder blau-gelb. Opfergaben, die Besucher für ein paar Cent kaufen können.

Foto: Daniela Kebel

Über den Blüten, pinkfarbenen Kerzen und glänzenden Figuren liegt mit 33 Metern Länge einer der weltweit größten Buddhas — über und über mit Blattgold verziert — scheinbar gemütlich auf der Seite und beobachtet das Treiben im Tempel, der mehr an eine Lagerhalle erinnert als an eine Gedenkstätte. Es ist viel los, wie jeden Tag. Touristen, vor allem Asiaten, kommen mit Bussen und besichtigen den Ort.

Foto: Daniela Kebel

Malaysia scheint wie im Lauf der Zeit zusammengewürfelt aus den unterschiedlichsten Einflüssen. Malaien, Chinesen, Inder — sie alle prägen dieses multikulturelle südostasiatische Land. Allerdings auf Schritt und Tritt konfrontiert mit der britischen Kolonialzeit: prachtvolle Gebäude und Edelhotels in bevorzugter Lage.

George Town auf Penang im Nordwesten Malaysias ist ein Paradebeispiel für alt und neu, kolonial und kitschig. Die Straßen der Inselhauptstadt sind eng, die ethnischen Viertel, wie beispielsweise Little India, quirlig und vollgestopft. Mit einer Rikscha geht es durch die Gassen, in denen Läden und fliegende Händler ihre Waren anbieten.

Silbern glitzernde Kleider, Stoffe in allen Farben, Elektroartikel, sonnengelbe Blütengebinde, feuerrote Chilischoten, lila, grüne und orange Flipflops und Schirme in den Farben eines Regenbogens. Von winzigen rosafarbenen, gelben und hellblauen Häusern bröckelt die Fassade ab, Kabel hängen kreuz und quer an Wänden und über Straßen.

Einheimische tuckern auf ihren alten Mopeds vorbei, bahnen sich ihren Weg an Fußgängern, Autos und Rikschas vorbei. Große Werbeplakate locken mit Massagen, künstlichen Fingernägeln oder sonstigen Beauty-Anwendungen á la Bollywood. Wieder eine Ecke weiter eine herausgeputzte Esplanade: ein breiter Spazierweg am Meer entlang. Eine Reizüberflutung, wie man sie selten erlebt. An die man sich aber in wenigen Tagen vollkommen gewöhnt hat, wie an das Wetter: heiß und tropisch. Rund um die Uhr.

Malaysia ist nicht überall schrill, schräg und knallbunt. Auf der Reise von Penang an der thailändischen Grenze entlang an die Ostküste gibt es vor allem eines zu sehen: Natur. Dichte, sattgrüne Tropenwälder, stille Seen, in denen sich der blaue Himmel spiegelt, und traumhafte Strände warten abseits der Touristengebiete.

„Seht ihr die Spuren? Die sind von Elefanten, die baden hier.“ Desmon zeigt auf einen kleinen Hang am Ufer des Temengor Stausees in Perak nahe Gerik. Auf einer Länge von 80 Kilometern war damals die Senke geflutet worden, die knorrigen Reste überspülter Bäume ragen wie mahnende, schwarze Finger aus dem Wasser.

Ringsum dichter tropischer Wald, der Bellum Forest Nationalpark. Das Gebiet liegt etwa auf der Hälfte der Strecke von West nach Ost, circa 150 Kilometer von Penang entfernt. Desmon ist Guide und führt im Auftrag des einzigen Hotels im Regenwald, dem Belum Rainforest Resort, die Gäste durch den Dschungel.

Von Luftfeuchtigkeit und Regen schlammige Pfade winden sich hinauf zum Sungai Enam Base Camp des Resorts: einfache Holzhütten auf Stelzen mitten im Wald — eine Unterkunft für echte Naturfreunde. Kein Handynetz, keine Verbindung zur Außenwelt — und das gerade einmal eine Stunde Bootsfahrt vom Hotel entfernt.

Lianen, so dick wie Baumstämme, umschlingen hunderte Jahre alte Bäume, deren dichte Kronen nur wenig Licht durchlassen. Trotzdem sprießen Farne, Sträucher und Gräser überall, Mimosen ziehen sich bei der zartesten Berührung zusammen, ihre kleinen violetten Blüten hüllen lichte Flächen in einen lila-moosgrünen Teppich.

Durch das Gebiet plätschert ein Gebirgsbach, den man auf dicken Steinen leicht überqueren kann. Insekten zirpen und surren überall, Vögel kreischen irgendwo hoch oben in den Wipfeln, ihre Flügel rascheln in den Blättern. Idylle pur — oder? „Unseren Außenposten haben wir abgezogen. Es ist zu gefährlich, wenn hier jemand allein ist Tag und Nacht“, weiß Desmon. Elefanten trampeln durch das Camp, und man sagt, es gebe auch noch Tiger im Wald. Gesehen hat sie allerdings schon lange niemand mehr.

Ideal für ein paar Tage Strandurlaub ist das Tanjong Jara Resort in der Nähe von Dungun. Der Strand ist breit, karamell-braun und von Palmen gesäumt. Die gesamte Anlage steht in einem riesigen exotischen Garten, Blumen blühen vor jeder Villa, tropische Pflanzen und Bäume vermitteln den Gästen ein echtes Dschungelgefühl. Kokosnüsse fallen mit einem dumpfen Plopp von den Palmen, ein Waran zieht langsam seine Bahn in einem Bach, der mitten durch die Hotelanlage führt. Und die Farben? Die sind hier ganz der Natur überlassen: heller Sand, dichtes Grün und ein türkis-blauer Ozean.