Tafelrunde in 50 Metern Höhe

In luftiger Höhe gehoben essen, das kann man beim Himmelsmenü. Nerven- und Gaumenkitzel sind garantiert.

Krefeld. Ich bin eine Gewinnerin, zumindest fühle ich mich so, als ich an der Galopprennbahn eintreffe. Am Freitag nehme ich am Himmelsmenü teil. In über 50 Metern Höhe werde ich auf einer Plattform sitzen, die mit 16 Stahlseilen am Ausleger eines 50-Tonnen schweren Krans hängt. Eine gute Aussicht ist garantiert. Da ist Nerven- und dank Chefkoch Hans Bertels auch Gaumenkitzel vorprogrammiert. Kurz vor Beginn spüre ich ein Rumoren in der Magengegend. Was ist, wenn ich da oben zur Toilette muss? Und bin ich tatsächlich schwindelfrei?

Es geht los, man bittet uns zu Tisch. 22 Gäste können auf gepolsterten Sesseln an der Tafel Platz nehmen. Helfende Hände legen mir Gurte um Schulter und Taille und zurren mich fest. Mein Kleid erweist sich als unpraktisch. Immerhin habe ich an festes Schuhwerk gedacht. Ich spüre, wie mir der Schweiß ausbricht. Meine Handtasche darf ich auf dem Tisch platzieren. "Da ist sie sicher", beruhigt mich Marketingfachfrau Judith Epperlein.

Für sie ist es nämlich der vierte Aufstieg an diesem Tag. Judith Epperlein und Hans Bertels von der Rennbahngastronomie stehen in der Mitte der Plattform und servieren.

Die Sonne brennt auf das transparente Dach, mir wird warm. Es wackelt, dann heben wir ab. Ich sehe hinunter, vorbei an meinen baumelnden Füßen. Die Steine unter uns werden immer kleiner, verschwimmen vor dem Auge.

Es ist nur eine leichte Brise, aber sie reicht aus, um ein Blatt Papier vom Tisch zu fegen. Sachte trudelt es durch die Luft zu Boden. Meine Kehle fühlt sich an wie ausgedorrt. Judith Epperlein schenkt mir ein kühles Mineralwasser ein.

Hans Bertels hat für den über einstündigen Aufenthalt in der Luft ein Dreigangmenü vorbereitet: Dicke Bohnen mit Krebsschwänzen und Bauernspeck, geschmorte Ochsenbacke in Spätburgunder auf Niederrheinischem Spieß, abschließend ein Dessert aus Grießpudding mit Aprikosen und "Himmlischen Himbeeren".

Als ich den Löffel in den Pudding tauche, stelle ich fest, dass meine Hand zittert, das muss am Nervenkitzel liegen. "Beim zweiten Mal kann man es noch mehr genießen", findet Kirsten Geissel. Die Hutmacherin hat schon einmal an einer fliegenden Tafelrunde teilgenommen.

Mir scheint, wir schweben über den Baumkronen. Ganz weit hinten erkenne ich die Flutlichtmasten der Grotenburg. Die Galopprennbahn erstreckt sich unter uns in ihrer ganzen Größe, noch herrscht Ruhe auf dem Grün. Doch gleich wird es hier neun Starts beim Renntag der Freien Berufe geben. Und am Samstag schon findet das Himmelsmenü in Wuppertal statt.

Gerade, als ich mich an den luftigen Aufenthalt gewöhnt habe, schweben wir wie in einem Fahrstuhl abwärts. Es ruckelt, dann habe ich festen Boden unter den Füßen. Der Nerven- und Gaumenkitzel war da, aber leider nicht in vollen Zügen genießbar.