AfD-Großdemonstration für die Reflexe

Aufstehen gegen Rechts!“, „Flagge zeigen!“ Wer es nicht mitbekommen hat: In Berlin wurde am Sonntag die Demokratie gerettet. Gegen 5000 Demonstranten der AfD. Geht es nicht eine Nummer kleiner? 13 Gegendemonstrationen, bloß weil die Rechtspopulisten vom Hauptbahnhof zum Brandenburger Tor marschieren?

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Foto: k r o h n f o t o . d e

Ein Teil von ihnen angelockt von einer Antrittsprämie in Höhe von 50 Euro, die die AfD aus Rheinland-Pfalz ausgelobt hatte. Tausende von Polizisten mussten das Demonstrationsrecht schützen.

Natürlich darf man den Rechten nicht die Straße überlassen. Aber sie haben sie ja gar nicht. Das hier war der durchsichtige Versuch der AfD, die linke Szene genau an jenem Reflex zu kitzeln. Am Symbolort Brandenburger Tor. Und alle haben reagiert wie sie sollten. Wobei die Idee, unter dem Motto „Die AfD wegbassen“ eine kleine Love-Parade zu veranstalten, sicher auch zur Gegenmobilisierung beigetragen hat.

Normalerweise hat eine Partei, die im Parlament sitzt, schon genug Artikulationsmöglichkeiten. Erst Recht, wenn sie wie die AfD Oppositionsführerin ist. Keine andere Partei hat außer zu Wahlkundgebungen vorher je eine solche „Großdemonstration“ veranstaltet. Es haben sich schon mal Grüne Friedenszügen oder Linke Anti-Hartz-Demonstrationen angeschlossen. Aber so, ganz allein für sich? Bündnispartner hat die AfD nicht gefunden, es gibt außer den Rechtsextremen von „Bärgida“, die regelmäßig montags mit etwa 30 Mann über die Friedrichstraße ziehen, keine nennenswerte Basisbewegung in der Hauptstadt, auf die sie sich stützen könnte. Gegen Flüchtlinge sowieso nicht.

In Berlin sind ungefähr 100 000 von ihnen in den Jahren 2015/16 angekommen, rund 60 000 sind noch da. Sie sind kein Stadtthema mehr. Das ist derzeit die Spekulation mit Wohnungen, die nicht beendet ist, wenn Flüchtlinge abgeschoben und Grenzen mit Waffengewalt gesichert werden. Dazu sagt die AfD nichts, weil sie dazu nichts zu sagen hat.

Die Absicht dieser Großdemonstration war durchsichtig. Es ging der AfD gar nicht um irgendeine Sache, die sie nicht im Parlament vertreten könnte. Es ging ihr genau darum, die Konfrontation auf die Straße zu tragen. Um Provokation. Auf dass, stille Hoffnung, es zu unschönen Szenen komme und sie sich als Märtyrer aufspielen könne. Letzteres ist am Sonntag dank der Polizei weitgehend ausgeblieben. Wenigstens das.