Meinung Rente ab 63: Freud und Leid

Die abschlagsfreie Rente ab 63 ist sicher eine Erfolgsgeschichte. Das kommt nicht überraschend. Wer zu günstigen Konditionen in den Vorruhestand gehen kann und die rentenrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, der macht davon auch Gebrauch.

Es gibt bereits mehr als eine Million Anträge auf die Rente mit 63. Symbolbild.

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Dass die Zahl der gestellten Anträge mittlerweile die Ein-Millionen-Marke überschritten hat, legt aber noch einen anderen Schluss nah: Ganz so schlecht, wie in den Debatten immer wieder behauptet, kann es für viele Bürger um die Höhe ihrer gesetzlichen Altersbezüge nicht stehen. Denn wer die Frührente in Anspruch nimmt, verzichtet bewusst auf den weiteren Bezug seines in aller Regel höheren Arbeitslohns. Und er lässt gleichzeitig zusätzliche Rentenansprüche sausen, die bis zum Eintritt in das reguläre Rentenalter angefallen wären.


(Ein Kommentar von Stefan Vetter. Foto: krohnfoto.de)

Damit wird klar: Menschen, die von der Rente ab 63 profitieren, hätten in aller Regel ohnehin auskömmliche Altersbezüge gehabt. Es sind dann auch in erster Linie gut verdienende Facharbeiter mit langen Arbeitsbiografien, die sich dieser sozialen Errungenschaft erfreuen können. Am Problem der Altersarmut geht die teure Maßnahme komplett vorbei.

Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum das SPD-geführte Bundesarbeitsministerium die Zahl der zu erwartenden Nutzer beim Inkrafttreten des Gesetzes vor vier Jahren kleiner gerechnet hat, als von den Experten erwartet worden war. Daraus spricht ein schlechtes Gewissen gegenüber jenen Ruheständlern, die sich mit Mini-Renten durchs Leben schlagen müssen. Und man wusste zweifellos auch damals schon, dass die Menschen in Deutschland eigentlich länger arbeiten müssten, um dem wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen. Für Geringverdiener ist die Rente ab 63 praktisch bedeutungslos. Und für viele Unternehmen eher eine Leidensgeschichte.