Arbeitskräfte aus Osteuropa: Entspanntes Warten auf den Ansturm
Ab 1. Mai drängen mehr Arbeitnehmer aus Osteuropa ins Land
Nachdem schon jetzt jeder zweite Handwerker und Altenpfleger polnisch zu sprechen scheint, fällt am 1. Mai eine weitere Hürde für Arbeitnehmer aus Polen und sieben weiteren östlichen Staaten. Das führt nicht nur bei arbeitslosen Deutschen zu Befürchtungen, billige Arbeitskräfte würden ins Land strömen, das Lohnniveau ins Bodenlose drücken und Jobs wegnehmen.
Zudem weiß niemand, ob es bei den prognostizierten Zahlen bleibt. Vor allem gering qualifizierte Arbeitnehmer müssen in der Tat die Konkurrenz fürchten. Andererseits haben bereits heute 200 000 Osteuropäer eine Arbeitserlaubnis in Deutschland. Hinzu kommen knapp 300 000 Saisonkräfte, etwa für das ungeliebte Spargelstechen. Und angeblich gibt es eine ebenfalls sechsstellige Zahl von schwarz Beschäftigten, die jetzt in die Legalität wechseln können. All diese haben den Arbeitsmarkt auch nicht ins Kippen gebracht.
Das bedeutet: Das Unbehagen ist logisch, aber hoffentlich unbegründet. Vor allem erweist es sich nachträglich als kluger Schachzug, dass vor sieben Jahren Deutschland neben Österreich als einziges Land in der EU die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit verschob. Denn jetzt können wir dem vermuteten Ansturm relativ entspannt entgegensehen. Es gibt zwar auch heute keine Vollbeschäftigung, aber einen sich positiv entwickelnden Arbeitsmarkt. Das war 2004 anders, damals herrschte Angst vor Massenarbeitslosigkeit. Außerdem haben sich dank Mindestlohn die Rahmenbedingungen verbessert.
Wenn jetzt mehr Polen, Slowaken, Letten und andere Osteuropäer hereindrängen, kommt es darauf an, wer das ist. Im Niedriglohnbereich gibt es Tätigkeiten, für die sich im Inland sowieso niemand findet. Da sollten wir den Fremden sagen: Danke, dass Ihr unsere Drecksarbeit macht! Bei qualifizierten Jobs fehlen heute schon Menschen mit speziellen Profilen. Was sich noch verschärfen wird. Teile der Wirtschaft fordern deshalb sogar, aktiv um geeignete Kräfte aus dem Osten zu buhlen, bevor diese in anderen europäischen Staaten eine Existenz finden.
Die neue Freizügigkeit könnte sich langfristig als Vorteil erweisen. Übertriebene Angst ist in NRW schon aus geografischen Gründen nicht angebracht. Wachsamkeit bei Fehlentwicklungen jedoch schon.