Auch Angela Merkel hat ihre Probleme

Die SPD-Krise verdeckt den Blick auf die Zerrissenheit der CDU.

Das Trauerspiel der Sozialdemokraten beherrscht die politische Bühne. Momentan steigt die SPD etwas in der Gunst des Publikums, aber der Vorsitzende Kurt Beck verliert - was zu weiteren dramatischen Akten führen kann.

Schiebt man allerdings die SPD einmal kurz hinter den Vorhang, dann sieht man, dass die CDU ein ähnliches Stück aufführt, nur mit vertauschten Rollen. Die Vorsitzende Angela Merkel steigt als Kanzlerin immer höher in der Gunst des Publikums, aber ihre Partei verliert.

Die CDU hat vom Abschwung der SPD nicht profitiert. Sie profitiert auch nicht von der Popularität der Kanzlerin, weshalb diese in die Kritik gerät. Die unruhige Stimmung in der Unionsfraktion bildet die vielfältigen Ansprüche der Basis ab: Forderungen nach Steuererleichterungen angesichts steigender Energiepreise oder nach mehr Wirtschaftsprofil oder nach weniger Ursula von der Leyen. Den einen ist die CDU nicht sozial genug, den anderen nicht wirtschaftsfreundlich genug, den nächsten nicht konservativ genug.

Andrea Nahles beklagt öffentlich die schlechte Mannschaftsleistung der SPD-Spitze, die zu viel Verantwortung auf Beck abwälze. Nicht öffentlich beklagen Christdemokraten die schlechte Mannschaftsleistung der CDU-Spitze, weil Merkel alle Verantwortung an sich gerissen habe.

Möglicherweise beginnt sich zu rächen, dass Merkel im Kampf um die Macht Persönlichkeiten wie Friedrich Merz nicht eingebunden, sondern ausgeschaltet hat. Den Flügeln fehlen prominente Köpfe, weshalb alle Unzufriedenheit direkt auf die Vorsitzende zurückfällt.

Jürgen Rüttgers und Christian Wulff melden immer deutlicher Führungsansprüche an. Rüttgers, indem er in NRW zu beweisen sucht, dass die CDU zwei Volksparteien sein kann. Wulff, indem er sich unter Aufgabe des Landesvorsitzes Niedersachsen mehr der Bundespolitik zuwendet. Theoretisch könnte Merkel mit Wohlwollen betrachten, wenn Rüttgers den Sozialflügel stärkte und Wulff den Wirtschaftsflügel.

Praktisch aber hat sie es versäumt, ein Vertrauensverhältnis zu beiden aufzubauen. Sollte Merkel ihr Wahlziel verfehlen, stünden zwei Christdemokraten mit Profil bereit. Es ist ja nicht so wie in der SPD, wo inzwischen fast jeder Angst davor hat, notfalls Vorsitzender werden zu müssen.