Transparenz bei AKW-Störfällen ein Muss

Informationspolitik zwischen Offenheit und Panikmache

Wer 1986 im Mai gebannt vor dem Fernseher saß, nach Tagen der Vertuschung die Schreckensbilder aus Tschernobyl, die rauchenden Rektortrümmer, die hilflosen, ungeschützten Atomarbeiter im radioaktiven Schrott hantieren sah, wird "Transparenz" und schnelle Information bei Reaktorstörfällen, wie jetzt in Slowenien, sicher zu schätzen wissen.

Peinliches "unter den Teppich kehren" solcher Fälle durch europäische AKW-Betreiber wie Vattenfall beim Kernkraftwerk Krümmel hat Folgen: Brüssels EU-Energiekommissar Piebalgs will sich begreiflicherweise nicht den Stempel eines "Vertuschers" aufdrücken lassen. Er war sich mit den Atomkonzern-Chefs darum kürzlich einig, dass geplatzte Druckleitungen, radioaktive Dampfwolken in Reaktorgebäuden und klemmende Steuerstäbe der Öffentlichkeit nun präziser gemeldet werden sollen.

Damit bekommen Journalisten, Konzerne und Aufsichtsbehörden gleichermaßen eine höhere Verantwortung, mit solchen Meldungen präzise umzugehen, ohne Panik und Tschernobyl-Gespenster zu wecken. Glücklicherweise klingeln bei der EU-Warnstelle "Ecurie" in Luxemburg bislang nur zwei bis drei Mal im Jahr die Alarmglocken. Wir müssen uns also nicht auf Dauerbeschuss einstellen.

Die slowenischen Atomaufseher haben es jedoch nicht einmal geschafft, ein Fax für die Warnmeldung sauber auszufüllen. "Sorry" meldet Ljubljana, was aufgeschreckten Europäern nichts nützt, aber klarmacht, dass die AKW-Betreiber und Behörden hier noch lernen müssen.

Für Energiekommissar Piebalgs war es ein erster "Testballon", ob seine Atom-Transparenz sich auch in Fakten statt in nebulösem "Atomalarm" niederschlägt; ob Zeitungen, Fernsehen und Radio solche Störfall-Warnungen sauber vermitteln. Dazu fehlten den Journalisten wegen des Meldungsgewirrs aus Slowenien allerdings die Orientierungspunkte.

Ein Punkt ist aber bekannt: Je älter ein Atomkraftwerk wird, wie in Krsko, desto mehr geht dort - risikoreich - kaputt. Mit der EU-Osterweiterung sind in Bulgarien, Rumänien und der Slowakei so einige "alte Schätzchen" hinzugekommen, die Ecurie, Piebalgs und uns wahrscheinlich noch unangenehme Meldungen liefern werden.