Meinung CSU-Drohung - Zurück in die Flasche, alberner Geist

Manchmal fragt man sich, für wie einfältig der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die Menschen in seinem Bundesland eigentlich hält: Seehofer ist mit einem Minus von mehr als zehn Prozent und annähernd ostdeutschen AfD-Werten der größte Verlierer der Bundestagswahl.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Was die CSU noch zur „Union“ mit der CDU beizutragen hat, ist nicht gerade viel. Säße die CSU als Regional-Partei alleine im neuen Mammut-Bundestag, so würde sie mit nur 46 von 709 Abgeordneten die kleinste Fraktion stellen.

Selbst Angela Merkel, die in den vergangenen beiden Jahren viel Verständnis für Seehofers bayerische Schrullen gezeigt hat, dürfte damit überfordert sein, es als Drohung zu verstehen, wenn der krachende Verlierer am Tag danach über das Verlassen der Fraktionsgemeinschaft nachdenkt und wieder einmal den „Geist von Kreuth“ beschwört, jene fixe Idee von 1976, die CSU in Deutschland als vierte politische Kraft zu etablieren.

Mit 46 Abgeordneten und einer Partei, die zu großen Teilen ohnehin längst lieber die CDU statt die CSU wäre, bedroht man im politischen Gefüge der aktuellen Sechs-Parteien-Landschaft überhaupt niemanden, sondern wird als regionale Besonderheit und aus Traditionsgründen hingenommen. Mehr nicht. Kreuth als Drohung? Ernsthaft, Herr Seehofer? Zurück in die Flasche, alberner Geist.

Seehofers krampfhaftes Festhalten an Parteivorsitz und Kandidatur im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl 2018 ist eine Hypothek für die ganze Union, die sich — wie alle anderen auch — im deutschen Parteien-Gefüge neu sortieren muss. Die von Heiner Geißler (1930-2017) erfundene Theorie des bürgerlichen Lagers aus CDU/CSU und FDP sowie des linken Lagers aus SPD und Grünen funktioniert nicht mehr.

Was rechts und was links sein soll, versagt immer häufiger als Beurteilungs-Kriterium. Gerade deshalb kann übrigens Jamaika im Grundsatz gut funktionieren, wenn die Akteure das alte Lager-Denken überwinden und sich stattdessen darauf konzentrieren, was sie eint — und von anderen unterscheidet: CDU, FDP und Grüne werden sich vergleichsweise schnell darauf einigen können, dass sie gemeinsam bei aller Unterschiedlichkeit für eine freie und offene statt für eine illiberale, geschlossene Gesellschaft einstehen.

Die CSU muss aufpassen, dass sie als reine Regionalpartei nicht den Anschluss verliert.