Meinung Debatte um Reform: Hartz IV ist kein bedingungsloses Grundeinkommen

Meinung · Das Hartz-IV-System in seiner bisherigen Form ist Geschichte. Leistungskürzungen von mehr als 30 Prozent sind verfassungswidrig. Doch das bedeutet nicht das Ende von Hartz IV.

Die Stimmen jener mehren sich, die Hartz IV abschaffen wollen.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Das Hartz-IV-System in seiner bisherigen Form ist Geschichte. Leistungskürzungen von mehr als 30 Prozent sind verfassungswidrig, so hat es das höchste deutsche Gericht im vergangenen November entschieden. Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit, mahnt nun bei der Politik eine eindeutige Auslegung des Urteils an. Recht hat der Mann. Denn die Debatte, wie das neue Hartz IV aussehen soll, läuft. Eine bunte Koalition aus Grünen, Linkspartei, Gewerkschaften und Sozialverbänden will Hartz IV komplett kippen. Was die SPD mit ihrem „Bürgergeld“ genau meint, ob damit das Existenzminimum dauerhaft und ohne jede Sanktionsmöglichkeit gesichert wird, weiß die Partei wohl selbst noch nicht.

Das Karlsruher Urteil bedeutet nicht das Ende von Hartz IV. Der Staat darf auch künftig von Hilfeempfängern erwarten, sich aktiv daran zu beteiligen, durch eigene Arbeit wieder auf die Füße zu kommen. Wer ohne jeden Grund die Kooperation verweigert, muss mit einer Kürzung der Leistung um bis zu 30 Prozent rechnen. Aber: Die Jobcenter dürfen nicht mehr pauschal sanktionieren, jeder Fall verdient eine sorgfältige Prüfung. Krankheit, Behinderung oder andere besondere Umstände dürfen nicht zur Kürzung der Leistung führen.

Klar sollte aber auch sein, dass Hartz IV kein bedingungsloses Grundeinkommen ist, für das nichts geleistet werden muss. Es handelt sich nicht um eine Versicherung, das Geld kommt vom Steuerzahler. Die Zahlung darf nicht wie einst die Arbeitslosenhilfe zur Dauerlösung werden, für die sich niemand mehr ernsthaft interessiert. Der Grundsatz des Förderns und Forderns bleibt richtig. Das heißt aber eben auch, dass der Staat den Betroffenen Angebote zur Umschulung oder Weiterbildung macht, damit sie am Arbeitsmarkt wieder eine Chance haben. Grundannahme sollte sein, dass die Menschen den Sozialstaat brauchen und nicht missbrauchen.