Meinung Der Fall der Abgeordneten Hinz: Eine Lebenslüge
Dass in der Politik geschummelt wird, dass Wahlversprechen nicht immer eingehalten werden und Politiker sogar ihre Doktorarbeit abschreiben, ist hinlänglich bekannt. Karl-Theodor zu Guttenberg lässt grüßen.
Aber dass eine Abgeordnete gleich zentrale Stationen ihres Lebens und ihres beruflichen Werdegangs fälscht, damit auch noch Jahrzehnte durchkommt, ist dann doch eine Überraschung. Öfter mal was Neues.
Fast wäre man geneigt zu sagen, Respekt für so viel Chuzpe, und das über 30 Jahre. Aber in Wahrheit hat die Abgeordnete Petra Hinz sich und anderen nur etwas vorgemacht. Sie hat mit einer Lebenslüge gelebt, sie hat die Wahrheit vermutlich jahrelang verdrängt. Was gibt es Schlimmeres mit Blick auf die eigene Biografie?
Umso härter ist das Erwachen, wenn man plötzlich auffliegt. Das ist jetzt passiert. Hinz hat ihr Mandat niederlegen müssen. Und das ist gut so. Erstens ist der Vertrauensbruch gegenüber ihren Wählern und ihrer Partei so gravierend, dass sie nicht im Parlament verbleiben konnte. Schließlich geht es nicht um ein Knöllchen für zu schnelles Fahren. Zweitens bietet das politische Ende mit Schrecken Hinz nun die Chance, sich persönlich neu zu finden und zu sortieren.
Was Glaubwürdigkeit und Rechtschaffenheit angeht, liegt die Latte für Politiker zu Recht höher. Sie sind Volksvertreter und haben eine Vorbildfunktion inne. Klar muss aber auch sein, Politiker sind keine besseren Menschen. Abgeordnete machen genauso Fehler, sie sind nicht frei von Irrtümern. Zum Glück. Denn wer will schon politische Roboter in Amt und Würden, die jegliche Lebensnähe verloren haben?
Oder um es anders zu formulieren: Von solchen Politikern gibt es bereits genug. Deshalb ist nicht jede Verfehlung gleich ein Skandal. Da sollte man bei der Bewertung vorsichtig sein. Für den Fall Hinz gilt das freilich nicht.