Meinung Der Rechtsstaat muss mit Feinden Ernst machen

Schon viel zu lange wurden die sogenannten Reichsbürger von Politik und Justiz in etwa so blauäugig betrachtet, wie das Bundesverfassungsgericht es jüngst mit der NPD tat, der es bescheinigte, zwar eine Truppe übler Verfassungsfeinde zu sein, aber letztlich viel zu bedeutungslos, um als Partei verboten zu werden.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Was dabei herauskommt, wenn der Rechtsstaat sich zu lange folgenlos verhöhnen lässt, machte nicht erst das gestrige Razzia-Ergebnis deutlich. Spätestens, seit ein „Reichsbürger“ im vergangenen Jahr einen Polizisten erschoss, muss jedem klar sein, dass laxe Zuschauerei kein Ausdruck souveräner Gelassenheit ist, sondern einen Prozess begünstigt, der Querulanten mangels klarer Grenzsetzungen in die Radikalisierung abgleiten lässt.

Einem Blödmann mit erfundenem Nummernschild hält man keinen Vortrag über Verfassungsgeschichte, sondern verpasst ihm ein Fahrverbot und legt sein Auto still. Das reduziert die Zahl der Nachahmer. Es mag durchaus so sein, dass es sich bei einem Teil der „Reichsbürger“-Anhänger ursprünglich um verzweifelte, gescheiterte Existenzen handelte, die für einen Moment lang gern glauben möchten, mit gefälschten Papieren und erfundenen Titeln Zahlungsverpflichtungen, Steuern und Rundfunkbeiträgen zu entgehen. Für sie gilt jedoch dasselbe wie für jeden dämlichen Strauchdieb: Dummheit schützt vor Strafe nicht.

Es gibt keinen harmlosen Rechtsextremismus. Wer sich mit „Reichsbürgern“ einlässt, macht mit Leuten gemeinsame Sache, die vor gar nichts haltmachen, nicht vor der Bildung einer terroristischen Vereinigung und nicht vor Polizistenmord. Zu deren krudem Weltbild rechte Rache-Fantasien, Hass gegen Minderheiten, offener Rassismus und Antisemitismus nicht versehentlich, sondern unverzichtbar dazu gehören.

Ob jemand in Ämtern herum lärmt und Mitarbeiter bedroht, weil er von einem Deutschland in den Grenzen von 1937 oder 1231 träumt (weniger Osten, dafür bis Sizilien), hat dem 1990 vereinigten Deutschland gleichgültig zu sein. Die Zeit der hohlen Phrasen muss enden. Der Rechtsstaat muss mit seinen Feinden und ihren Anhängern Ernst machen und Staatsfeinde konsequent auch wie Staatsfeinde behandeln. Die bekämpft man nicht mit Dauer-Debatten, sondern vor Gericht. Es finden eindeutig zu wenige Strafverfahren wegen Volksverhetzung statt.