Meinung Der Respekt fehlt

Alle 67 Minuten wird nach Berechnungen der Polizei ein Beamter in NRW angegriffen — Tendenz steigend. Aus nichtigstem Anlass eskaliert inzwischen die Gewalt: In Düren löste am Wochenende ein kleines Knöllchen „rohe Gewalt“ gegen Beamte aus.

Foto: Sergej Lepke

Ein Polizist liegt schwer verletzt im Krankenhaus. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) verspricht, dass die Täter die „ganze Härte des Rechtsstaates“ zu spüren bekommen. Das klingt gut, reicht aber längst nicht aus.

Zum einen sind die Strafen am Ende oft nicht so hoch, dass sie abschreckend wirken. Dazu kommt, dass bestimmte Täter sich allein durch hohe Strafen nicht von ihren Gewaltausbrüchen abhalten lassen. In vielen Fällen eskalieren Alltagssituationen, die Angreifer reagieren spontan und mit hohem Aggressionspotenzial. In diesem Moment spielt die mögliche Strafe wohl nur eine untergeordnete Rolle. Die Wurzeln der Gewaltspirale liegen tiefer in unserer Gesellschaft.

Es mangelt an Respekt. Nicht nur gegenüber der Polizei. Lehrer, Bahnkontrolleure, Ärzte und Pflegepersonal in Notaufnahmen etwa klagen ebenfalls über eskalierende Gewalt. Sie werden beschimpft, angespuckt, angegriffen. Die Grundhaltung in der Gesellschaft stimmt nicht mehr. Sie zu ändern, ist ein Kraftakt. Dazu braucht es einen Konsens der Bürger, entsprechende Werte zu vermitteln und zu leben.

Aber auch der Staat muss im konkreten Fall der Polizei mehr tun. Täglich halten die Beamten ihren Kopf hin. Sie müssen mitansehen, wie Diebe, die eben von ihnen gefasst wurden, am nächsten Tag lächelnd an ihnen vorbeigehen. Sie müssen damit rechnen, dass jede Alltagssituation eskalieren kann. Während die Uniform früher Respekt auslöste, ist sie nun für viele ein feindliches Symbol. Polizisten brauchen die Rückendeckung des Staates. Insofern ist die Gesetzesänderung, die NRW-Ministerpräsidentin Kraft in Bezug auf Schmerzensgeldansprüche angekündigt hat, ein erster richtiger Schritt.