Die einfache Art, beim Volk zu punkten

Bundestagspräsident Lammert spricht aus, was viele denken.

So ein Bundestagspräsident hat es gut. Er ist nach dem Bundespräsidenten der zweithöchste Mann im Staate und ist doch für nichts richtig verantwortlich — außer für das, was er sagt. So ein Politiker hat es leicht. Er kann ohne weiteres die Meinungen übernehmen, die ihn beim Volk besonders gut dastehen lassen.

Auf diese Weise macht Joachim Gauck als Bundespräsident eine ganz hervorragende Figur. Und Norbert Lammert will ihm offenbar nicht nachstehen. Der CDU-Mann, der mehr oder weniger offen immer von sich gesagt hat, dass er auch Bundespräsident hätte sein können, geißelt hohe Managergehälter und ist zuweilen überhaupt ganz gern der personifizierte gesunde Menschenverstand. Die meisten nehmen ihm diese Rolle ab.

Die Frage ist nur, was nutzen Hinweise wie jener, dass die Unternehmenslenker so viel verdienen, dass die Einkommensunterschiede in Deutschland aus Sicht Lammerts nicht zu rechtfertigen sind? Sie nutzen nichts. Denn die von Lammert ins Feld geführte Korrekturinstanz wird hoffentlich einen Teufel tun, die Gedanken des Bundestagspräsidenten zu Ende zu denken.

Die Politiker werden sich hüten, den Unternehmen in Deutschland vorzuschreiben, wie viel sie ihren Spitzenleuten bezahlen dürfen. Das machen sie aber nicht etwa, weil sie wissen, dass niemandes Arbeit im Jahr Millionen von Euros wert sein kann.

Vielmehr müssen deutsche Unternehmen teils horrende Salärs bezahlen, denn wenn sie es nicht tun, macht’s die Konkurrenz in der Schweiz, in den USA oder sonst wo. Die Welt der Wirtschaft kennt keine Grenzen mehr. Und ebenso grenzenlos ist der Arbeitsmarkt für die oberen Etagen der Konzernzentralen. An der Spitze der Deutschen Bank zum Beispiel steht nach einem Schweizer nun ein Inder.

Wenn die Politik die Einkommensunterschiede verkleinern will, dann sollte sie sich darum kümmern, dass für anständige Arbeit vernünftig bezahlt wird. Unanständig ist, wenn Vollzeitarbeit allein den Arbeiter nicht mehr ernährt.

Dieses Phänomen gibt es in Deutschland viel häufiger als Millionengehälter für bisweilen überschätzte Manager. Es zu beseitigen, ist eine Aufgabe für Politiker, die zur Not auch anecken wollen. Für politische Scheinriesen ist das nichts.