Leitzins: Des Sparers Vermögen schrumpft

Staaten und Banken profitieren vom historisch niedrigen Zins.

So wenig mussten Geldinstitute noch nie bezahlen, wenn sie sich bei der Zentralbank Geld borgten. Egal, ob in Euro- oder in D-Mark-Zeiten. Die Bezeichnung als historischer Schritt für 0,75 Prozent Leitzins ist deshalb angemessen. Die Auswirkungen für die Bürger sind allerdings eher unerfreulich.

Die Profiteure der Zinssenkung sind andere. Neben den Staaten — die hoffen, weniger für ihre Schulden zahlen zu müssen — sind das vor allem die Banken. Die können sich jetzt günstiger Geld beschaffen. Die Zentralbank hofft — so die simple Lehrmeinung — dass sie den Vorteil nicht selbst einstreichen, sondern ihrerseits Kredite für Wirtschaft und Privatleute preiswerter machen, was Investitionen auslöst und der Konjunktur hilft. Ob sich bei nur 0,25 Prozentpunkten Senkung dieser Effekt einstellt, ist fraglich. Doch da der Leitzins auch vorher bereits extrem niedrig war, gab es nicht mehr Spielraum.

Falls der konjunkturelle Schub überhaupt eintritt, dann am ehesten in wirtschaftlich starken Ländern wie Deutschland. In den Krisenstaaten werden sich die Banken zwar freuen, sich billiger versorgen zu können. Da sie aber mit zu vielen Problemen, etwa sogenannten notleidenden Krediten, belastet sind, werden sie jetzt nicht locker neue Kredite vergeben. Das wäre auch fahrlässig. Der Schritt der EZB wird also zählbar wenig bewirken, er ist mehr symbolisch zu werten.

Für die normalen Sparer ist die Leitzinssenkung bitter. Sogar wenn die Banken für sie die Zinsen nicht noch weiter senken sollten, bedeutet sie zumindest, dass eine Erhöhung in weite Ferne gerückt ist. Wer riskante Anlagen vermeiden will, wird deshalb auch in den nächsten Jahren eine Art Enteignung seines Geldvermögens erleben, weil die Inflationsrate höher als der Zinssatz liegt. Die langfristig niedrigen Zinsen führen zudem dazu, dass Lebensversicherungen ihre Ablaufleistungen reduzieren, was so manche Altersversorgung ins Wanken bringen kann.

Es kursieren sogar Horrorgeschichten von sogenannten negativen Zinsen. Im Profi-Geschäft gibt es so etwas, bei Privatanlegern wird der funktionierende Wettbewerb das verhindern. Denn wer brächte schon 5000 Euro zu Bank, wenn ihm diese „verspricht“, dass er nach einem Jahr nur 4900 Euro zurückerhält?