Die Grenzen der Verschuldung

Die Europäer tun gut daran, in London standhaft zu bleiben.

Barack Obama wird manche seiner Qualitäten noch unter Beweis stellen müssen. An seinen diplomatischen Fähigkeiten aber gibt es inzwischen keinen Zweifel. So steht für den amerikanischen Präsidenten ein harmonischer Abschluss des G 20-Gipfels über allem. Zu groß sind die Probleme der Weltwirtschaft, als dass sich die alten Industriemächte und die aufstrebenden Wirtschaftsnationen ein Scheitern leisten könnten. Das gilt für die Frage nach den richtigen Kontrollmechanismen gegen entfesselte Geldmärkte ebenso wie für die Bekämpfung des dramatischen Wirtschaftsabschwungs.

Die Ankündigung Obamas, auf dem Gipfel nicht über Konjunkturprogramme streiten zu wollen, sagt allerdings wenig über die tatsächliche Haltung der Amerikaner aus. So hat es der US-Präsident der OECD und dem japanischen Ministerpräsidenten überlassen, Deutschland und Europa für die angeblich mangelhafte Bereitschaft zu einer noch stärker ausufernden Verschuldung zu schelten. Merkel, Sarkozy und Co. aber tun gut daran, für eine Restsolidität in der Schuldenpolitik einzutreten.

Sie haben allen Grund dazu. Zum einen gehört Deutschland zu den Ländern, die sich bereits am stärksten engagieren. Die Konjunkturpakete liegen mit 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zweier Jahre nur knapp hinter dem amerikanischen Wert von 3,8 Prozent. Nimmt man die Milliardenleistungen für die weltweit beispiellosen Sozialleistungen hinzu (Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe), wird sich kaum ein Land finden, das so stark gegen die Krise anfinanziert.

Auf der anderen Seite weist der deutsche Finanzminister zurecht auf das enorme Inflationsrisiko hin, das die Billionenprogramme zur Stützung der Banken und der Konjunktur bergen.

Diese Sorge ist nicht nur im historischen Trauma der Geldentwertung begründet, mit der Europa die Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre bezahlt hat. Solange der US-Dollar die weltweite Leitwährung ist, werden die Vereinigten Staaten ihre Überschuldung später mit einer Geldentwertung abtragen - auf Kosten der chinesischen Dollar-Reserven und der deutschen Exportwirtschaft. Solche fundamentalen Interessengegensätze dürfen auch durch die gewollte Harmonie der Krisendiplomatie nicht zugekleistert werden.