Meinung Ein Sommermärchen, dem ein böses Ende folgt

Die erste Reaktion in den Sozialen Netzwerken auf die Enthüllungen des Magazins „Der Spiegel“, die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 sei mutmaßlich mit Hilfe von schwarzen Kassen gekauft worden, ist interessant: Die WM 2006 sei neun Jahre vorbei, Deutschland seinerzeit nicht Weltmeister geworden, und: Ohnehin fließen doch bei allen großen Turniervergaben Schmiergelder — warum sollte es sich im Fall der deutschen WM anders zugetragen haben?

Foto: Sergej Lepke

Die erste Reaktion in den Sozialen Netzwerken auf die Enthüllungen des Magazins „Der Spiegel“, die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 sei mutmaßlich mit Hilfe von schwarzen Kassen gekauft worden, ist interessant: Die WM 2006 sei neun Jahre vorbei, Deutschland seinerzeit nicht Weltmeister geworden, und: Ohnehin fließen doch bei allen großen Turniervergaben Schmiergelder — warum sollte es sich im Fall der deutschen WM anders zugetragen haben?

Doch so viel Gleichgültigkeit im Umgang mit den großen Sauereien in unserer ach so modernen Gesellschaft sollte man sich nicht gönnen. Die Fußball-WM 2006 gilt noch heute als großes Prestigeobjekt für diese Republik, das „Sommermärchen“ hat emotional und nachhaltig Karriere gemacht. Franz Beckenbauer, damals Chef des Organisationskomitees, lässt sich als Vater der WM feiern, alle Verantwortlichen haben von dem Erfolg von einst kräftig profitiert.

Munter voran der heutige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, der eine bemerkenswerte Karriere im größten nationalen Einzelsportverband der Welt hingelegt hat. Und der nun nicht nur erklären muss, was ihm in seiner Rolle als Fifa-Exekutivkomitee-Mitglied an Korruption begegnet, und ob er seinen Freund Michel Platini in der Uefa zu stützen oder zu stürzen gedenkt, sondern auch: Ob es in seinem Verband mit seinem Wissen als damalig geschäftsführender Vizepräsident des Organisationskomitees zum vielleicht größten Skandal einer langen DFB-Geschichte gekommen ist. Das ist wahrhaft eine große Aufgabe. Man möchte in diesen Tagen nicht Wolfgang Niersbach sein.

Klar ist: Der DFB hat Freitagmorgen — vom „Spiegel“ unter Druck gesetzt — auf die Schnelle eine Erklärung zusammengezimmert, die aktive Aufklärung vorgaukeln sollte und — gelinde gesagt — viele Fragen offen lässt. Und die den Schwarzen Peter an den Weltverband Fifa weiterreicht. Das ist angesichts dessen aktueller Probleme ein vermeintlich naheliegendes Manöver, wird den DFB aber nicht von detaillierterer Aufklärung und dem Beibringen von überzeugenderen Argumenten in den nächsten Tagen befreien. Die Welle rollt einmal mehr durch den Fußball und seine Milliardengeschäfte. Und wenn Betroffene im stillen Kämmerlein womöglich in den nächsten Tagen die Moralität deutscher Medien verteufeln, dann gilt wie schon im VW-Skandal: Es stünden die Falschen am Pranger.