Meinung Eine Hand wäscht die andere
Angela Merkel ist geschmeidiger geworden. Das muss die Kanzlerin auch sein. Denn der Druck, den die CSU jetzt in der Migrationsfrage auf sie ausübt, ist immens. Kommt die Regierungschefin nach dem EU-Gipfel Ende des Monats nicht mit greifbaren Erfolgen nach Hause, droht der Schlussakt in der gegen sie initiierten Revolte.
Deswegen braucht sie den französischen Präsidenten Macron mehr denn je. Beim Treffen der beiden in Meseberg ist das deutlich geworden.
Durch die vertrackte innenpolitische Lage ist die Verhandlungsposition der Kanzlerin gegenüber den europäischen Partnern deutlich schlechter geworden. Auch in den anderen Hauptstädten hat man zur Kenntnis genommen, wie heikel die Lage für Merkel ist; sie muss also mehr bieten, um im Gegenzug auch etwas zu bekommen. Jetzt erst Recht. Merkel kann freilich nur im Schulterschluss mit Frankreich wirklich erfolgreich sein. Denn ohne ein funktionierendes deutsch-französisches Tandem bewegt sich in Europa wenig. Hat die Kanzlerin bis jetzt bei den EU-Reformplänen Macrons auf die Bremse getreten, so hat sie in Meseberg Zugeständnisse gemacht. Eine Hand wäscht die andere. Auch in Europa. Der Reformbedarf ist schließlich groß, um die EU handlungsfähiger zu machen und dadurch auch die europäische Idee für die Bürger wieder attraktiver werden zu lassen.
Vor allem hinsichtlich des bisher umstrittenen, milliardenschweren Eurozonen-Budgets ist die Deutsche auf den Franzosen einen Schritt zugegangen. Das musste wohl so sein. Im Gegenzug wird Macron Merkel nun stärker darin unterstützen, dass auf dem EU-Gipfel für eine vereinheitlichte Asylpolitik Pflöcke eingeschlagen werden. Inhaltlich lagen beide bei diesem Thema allerdings nicht sonderlich weit auseinander. Nur: Wenn zwei sich einigen, heißt das noch lange nicht, dass die anderen Länder auch mitmachen. Es bleibt also noch viel zu tun für Merkel und Macron.