Meinung Erdogans willige Helfer
Ein gut zwei Wochen altes Foto sorgt bis heute für Kopfschütteln und Amüsement. Es zeigt Bundeskanzlerin Angela Merkel neben dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Beide sitzen im Yildiz-Palast in Istanbul auf riesigen goldenen, mit Halbmonden verzierten, Sesseln.
Die Kanzlerin schaut unglücklich. Ein gestelltes und zugleich entlarvendes Bild. Der Sultan hält Audienz.
Er konnte es sich leisten, Merkel vorzuführen, war die mächtigste Frau Europas als Bittstellerin ans Goldene Horn gereist. Deutschland und die EU sind auf Erdogans Wohlwollen angewiesen. Zumindest wenn es darum geht, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, die aus Syrien, dem Irak und Afghanistan über die Türkei nach Europa kommen. Drei Milliarden Euro lässt die EU dafür springen und die Aussicht, den sterbenden Prozess für einen EU-Beitritt der Türkei wiederzubeleben. Was aber nichts anderes bedeutet, als bei den Themen Menschenrechten, Meinungs- und Religionsfreiheit eben nicht so genau hinzusehen.
Dazu passt, dass die EU-Kommission ihren Fortschrittsbericht zurückhält. Erdogans AKP kommt darin nicht gut weg, die bisherige Regierungspartei wird direkt für die Rückschritte in Sachen Rechtsstaatlichkeit verantwortlich gemacht. Gemeint sind Bomben auf die kurdische Bevölkerung, willkürliche Festnahmen und Einschüchterungsversuche gegenüber Medien, bis hin zur De-facto-Verstaatlichung von kritischen Sendern. Die AKP dürfte die Parlamentswahl am Sonntag gewinnen, auch wegen der willigen Wahlhelfer aus Berlin und Brüssel, die es aus Eigennutz zulassen, dass Erdogan ein autoritäres System installiert. In einem Land, das am liebsten morgen schon in die EU möchte.