Meinung Familiennachzug - SPD kämpft an Interessen ihrer Klientel vorbei

Da geht also noch etwas. Union und SPD haben beim Familiennachzug von eingeschränkt Schutzsuchenden endlich eine Grundsatzeinigung erzielt. Man stelle sich nur einmal vor, die Koalitionsverhandlungen würden daran scheitern.

Foto: k r o h n f o t o . d e

Das würde kein Mensch mehr verstehen. Und vor allem könnte niemand mehr die SPD verstehen, die diesen überflüssigen Streit erst angezettelt hat. Es passt jedenfalls schlecht zusammen, dass sich die Sozialdemokraten plötzlich als Anwalt der subsidiär Schutzbedürftigen fühlen, nachdem sie deren Familiennachzug in schöner Eintracht mit der Union vor zwei Jahren gestoppt hatten. Auf den ersten Blick mag der Stopp inhuman und integrationsfeindlich erscheinen. Doch gab und gibt es dafür nachvollziehbare Gründe. Handelt es sich doch um Flüchtlinge auf Zeit. Insofern besteht auch nicht die Notwendigkeit einer umfassenden Integration, wie sie etwa bei anerkannten Asylsuchenden geboten ist.

Bei einer größeren Anzahl von subsidiär Geschützten ist allerdings schon viel Zeit in Deutschland vergangen. Bei ihnen liegt die Sache anders. Aber dafür existiert bereits eine Härtefallregelung beim Familiennachzug, die fortgesetzt wird. Zudem hat die SPD erreicht, dass ab August monatlich 1000 Angehörige von subsidiär Geschützten nachziehen dürfen. Die Sozialdemokraten wären schlecht beraten, sich nun für eine noch deutlich höhere Zahl zu verbeißen. Ohnehin ist das nicht das Kernthema der SPD.

Womit sich grundsätzlich die Frage stellt, warum die SPD so häufig an den Befindlichkeiten ihrer Klientel vorbei politisiert. Glaubt man einer jüngsten Umfrage der Ersatzkassen, dann wollen auch die gesetzlich Versicherten keine Revolution im Gesundheitswesen, wie es der SPD mit der Bürgerversicherung vorschwebt, sondern „nur“ beim Arzt eher dran kommen. Die Genossen sollten sich also besser um den Mangel an Medizinern kümmern.

Am ehesten zieht noch ihre Nachforderung für eine Eindämmung der befristeten Beschäftigung bei den eigenen Wählern. Ehrlicherweise müsste die SPD dazu aber erst einmal vor der eigenen Tür kehren. Im Öffentlichen Dienst der Länder, also dort, wo die Sozialdemokraten vielfach mitregieren, ist der Anteil der Beschäftigten mit Zeitverträgen nämlich besonders hoch. Genauso wie übrigens auch in manchen SPD-geführten Bundesministerien. Macht kommt von machen und nicht von fordern, möchte man den Genossen da zurufen.