Meinung Grenzverschiebungen - Morddrohungen gehören mittlerweile zur Tagesordnung
Meinung · Zutiefst verstörend sind die Aussagen der Pegida-Anhänger im Zusammenhang mit dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, die das TV-Magazin „Kontraste“ zitiert.
Rechtsradikale Äußerungen von Pegida sind zwar erwartbar. Doch die Radikalität und der enorme Hass, der auch Mord als „normal“ mit einschließt, haben eine neue Stufe erreicht. Auch, weil wir in jüngster Zeit schmerzhaft erleben mussten, dass es eben nicht mehr bei Worten bleibt.
Die Argumentation, Pegida sei nur eine kleine Gruppe und es handele sich um Stimmen Einzelner, mag auf den ersten Blick richtig sein. Die ganz überwiegende Mehrheit der Bürger wird sich angesichts der Aussagen mit Abscheu abwenden. Viele demonstrieren öffentlich gegen Rechts, engagieren sich für ein besseres Miteinander.
Dennoch erleben wir im Alltag immer häufiger Grenzverschiebungen. Wir begegnen Aggressivität und Hass in der Sprache, weltweit verteilt durch soziale Netzwerke. Unsagbares wird sagbar. Wir sind mit Respektlosigkeit in der Gesellschaft konfrontiert, bis hin zu Gewalt gegenüber kommunalen Politikern, Polizisten und Notfallhelfern. Auch Morddrohungen gehören zur Tagesordnung. Wir sehen Angriffe auf dem Schulhof, im Schwimmbad, im Krankenhaus.
Woher kommt all dieser Hass, diese Aggression in einem Land, dem es wirtschaftlich gut geht, in dem die Bürger demokratisch leben, ihre Meinung frei äußern können? Zusehen und abwarten sind keine Optionen mehr. Der gesellschaftliche Kitt fliegt aus den Fugen.
Die Hassreden einer Minderheit sickern durch. Es braucht Zivilcourage und die Stimme der Mehrheit, um entgegenzuwirken. Es reicht nicht, wenn Politiker Entsetzensbekundungen twittern. Sie müssen jene aus ihrem Kreis ausschließen, die mit ihrer Stimme solche Haltung befördern. Denn von denen gibt es mehr als je zuvor.