Entscheidung des BGH Stärkung der Deutschen Umwelthilfe ist im Interesse des Verbrauchers
Meinung | Berlin · Die Deutsche Umwelthilfe polarisiert, viele betrachten sie als lästigen Abnahmverein, aber bei nüchterner Betrachtung sollten die Rechtsverletzer und nicht die Kläger das große Ärgernis sein.
Keine Frage, die Deutsche Umwelthilfe ist immer für eine Aufregung gut. Ja, sie polarisiert das Land. Die einen sehen in dem gemeinnützigen Verein eine Art Robin Hood im Kampf für saubere Luft und mehr Verbraucherschutz. Für die anderen, und das dürfte gefühlt eher die Mehrzahl sein, ist die Organisation ein lästiger Abmahnverein, der mit einer Klageorgie ein Fahrverbot nach dem anderen erzwingt und damit den leidgeprüften Diesel-Fahrern das Leben schwer macht. Diese Einstellung wird zweifellos auch politisch befeuert. Man denke nur an den Parteitagsbeschluss der CDU vom letzten Dezember, in dem die Gemeinnützigkeit der Umwelthilfe in Frage gestellt wurde und damit eine steuerliche Vergünstigung, die den Verein mit am Leben hält.
Der Bundesgerichtshof indes hat sich von der weit verbreiteten Empörung nicht anstecken lassen. Nach seiner am Donnerstag verkündeten Entscheidung gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Deutsche Umwelthilfe wegen ihrer in der Tat sehr intensiven Abmahnpraxis gegen Gesetze verstößt. Also noch ein Grund mehr, um sich aufzuregen? Nein. Jedenfalls nicht, wenn man den konkreten Fall genauer betrachtet, der dem Urteil zugrunde liegt. Da ging es um einen Autohändler, der auf seiner Internetseite unzureichend über Spritverbrauch und Schadstoffausstoß eines Neufahrzeugs informiert hatte und deshalb von der Umwelthilfe abgemahnt wurde. Genauso wie zahlreiche andere Autohäuser. Aus Sicht der Branche ist das sicher ärgerlich. Aber Fahrzeugkäufer müssten der Umwelthilfe sogar dankbar sein, dass sie hier nicht locker ließ. Schließlich sollen sie sich ein objektives Bild über das angebotene Produkt machen können. Und dafür sind ordnungsgemäße Angaben zum Fahrzeug unerlässlich. Das Urteil des Bundesgerichtshofs ist damit ganz im Interesse der Verbraucher.
Was nun die Diesel-Fahrverbote angeht, die die Umwelthilfe immer wieder vor den Verwaltungsgerichten erstritten hat, so waren sie nicht Gegenstand des aktuellen Richterspruchs. Allerdings hatte das klagende Autohaus der Umwelthilfe vorgeworfen, mit dem Geld aus den Abmahngebühren eine Gewinnmaximierung zu verfolgen und damit politische Kampagnen für Diesel-Fahrverbote zu finanzieren. Dagegen machten die Richter deutlich, dass Überschüsse in Ordnung gehen. Denn wenn es häufig zu Verstößen gegen Verbraucherschutzvorschriften kommt, dann sind auch häufige Abmahnungen oder Klagen die Folge. Ansonsten müsste die Umwelthilfe ihre Abmahnpraxis nämlich einstellen, sobald sie ihre eigenen Kosten gedeckt hat.
Mit dem Urteil dürfte sie sich ermutigt fühlen, auch im Dieselabgas-Skandal weiter am Drücker zu bleiben. Tatsache bleibt allerdings auch, dass viele Kommunen erst unter dem Eindruck drohender Diesel-Fahrverbote ihre Luftreinhaltepläne nachgebessert haben. Und das ist im Interesse aller dort lebenden Menschen. Kurzum, die Deutsche Umwelthilfe mag weiter polarisieren. Aber bei nüchterner Betrachtung sind die Rechtsverletzer das große Ärgernis und nicht die Kläger.