Meinung Rücktritt von Bremens Bürgermeister hat Signalwirkung

Meinung · Er war in Bremen der große Wahlverlierer, und mit ihm seine Partei, die SPD. Nach 70 Jahren Sozialdemokraten in der Regierungsverantwortung. Schon am Wahlabend hat man sich gewundert, warum Carsten Sieling nicht gleich Verantwortung übernahm und seinen Abgang verkündete.

 Carsten Sieling (SPD), Bürgermeister von Bremen, verlässt den Sitzungssaal des Rathauses, nachdem er im Rahmen einer Pressekonferenz seinen Rücktritt als Bürgermeister bekannt gegeben hat.

Carsten Sieling (SPD), Bürgermeister von Bremen, verlässt den Sitzungssaal des Rathauses, nachdem er im Rahmen einer Pressekonferenz seinen Rücktritt als Bürgermeister bekannt gegeben hat.

Foto: dpa/Christina Kuhaupt

Der Bürgermeister wollte offenkundig unbedingt eine neue Koalition schmieden und dem Sieger der Bürgerschaftswahl, der CDU, das angestammte Terrain nicht überlassen. Das ist ihm gelungen. Sieling ist jetzt der Versuchung widerstanden, sozusagen als Königsmacher eines neuen linken Bündnisses im Amt zu verbleiben. Vielleicht hat man ihn auch nicht gelassen. Richtig ist es allemal, nach so einem Wahldebakel von Bord zu gehen. Besser spät als nie.

Die Koalition, die nun das kleine Bremen regieren wird, wäre vermutlich bundesweit nicht von sonderlich großem Interesse, wenn es sich nicht um die erste rot-grün-rote Kooperation in einem westdeutschen Land handeln würde. Das hat Signalwirkung: SPD und Grüne machen die Linke nun auch im Westen salonfähig. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Debatte über eine Zusammenarbeit der drei Parteien auf Bundesebene wieder aufflammen wird. Dann nämlich, wenn es um Alternativen zur regierenden Groko geht. Im Herbst zum Beispiel, sollte die Berliner schwarz-rote Koalition tatsächlich platzen.

 Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Foto: nn

Die Bewegungen aufeinander zu in diesem politischen Spektrum sind ja nicht von der Hand zu weisen: Die Sozialdemokraten versuchen schon länger, sich sozialpolitisch ein linkeres Profil zu geben. Und bei der Linkspartei gewinnen die Pragmatiker langsam die Oberhand. Bleiben noch die Grünen. Sie haben einen Lauf und womöglich dann auch freie Auswahl. Sie müssen daher vor allem klären, welches Interesse sie an einem solchen Projekt haben könnten.