Ist der Ruf erst ruiniert . . .

Eine erneute Anhebung der Abgeordneten-Diäten ist frivol.

Wenn eine Trotzhaltung die politische Entscheidung bestimmt, dann kann nichts Gutes dabei herauskommen. So scheinen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ihre unbotmäßige Diätenerhöhung mit der Sturheit der Gebrandmarkten durchziehen zu wollen. Frei nach der Devise: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s gänzlich ungeniert.

Diese Trotzhaltung hat Ursachen. Mit der zunehmenden Politikverdrossenheit sehen die Abgeordneten ihre politische Arbeit diskreditiert. Im Klartext: Sie gelten vielen Wählern schlicht als faul und überbezahlt. Das erste ist objektiv falsch. Der Blick ins halbleere Plenum des Bundestages vermittelt den Bürgern seit jeher das Zerrbild vom Abgeordneten, der sich vor den Sitzungen drückt und dem Berliner Nachtleben frönt.

Dabei sind die parlamentarische Arbeit und die Verpflichtungen im Wahlkreis - von denen nur selten ein Wochenende verschont bleibt - tatsächlich mit der Belastung des Bürgermeisters einer mittleren Kleinstadt vergleichbar. Insofern relativiert sich auch die Höhe der Besoldung. Man darf die Alimentierung der Volksvertreter ruhig auch als Gradmesser dafür betrachten, was uns die Demokratie wert ist.

Das Dumme ist nur: Die Abgeordneten verspielen gerade das Vertrauen der letzten Getreuen, die bereit sind, diese Perspektive einzunehmen. So vertretbar die grundsätzliche Angleichung an die Richter- oder Bürgermeistergehälter war, so unhaltbar ist die scheinbar unausweichlich folgende Anhebung der Bezüge durch den Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst.

Sie ist verlogen, weil das entsprechende Gesetz von 2007 ausdrücklich eine Diätenerhöhung erst wieder ab 2010 vorsah. Und sie ist schlicht frivol, weil die Politiker die Steuerzahler zur Ader lassen und die Renten ungeschützt der nagenden Inflation aussetzen, während sie sich selbst die eigenen Bezüge innerhalb von zwei Jahren um 16 Prozent anheben.

Noch haben die Abgeordneten die Chance, die Kurve zu kriegen. In der SPD-Fraktion besinnt sich wenigstens ein Teil der Parlamentarier. Leider ist zu befürchten, dass die Unionsfraktion einer fatalen zweiten Trotzhaltung erliegt: dass man jetzt die Kohlen für die feigen Genossen aus dem Feuer holen müsse.