Meinung Kosten für Pflegebedürftige – Familiensolidarität geht vor
Meinung · Die Grenze, ab der Kinder für ihre Eltern finanzielle einstehen müssen, ist zu großzügig bemessen.
Eltern haften für ihre Kinder. Diese Selbstverständlichkeit des Unterhaltsrechts ist durch Paragrafen, Urteile und die sogenannte Düsseldorfer Tabelle bis in die letzten Verästelungen geregelt. Doch das Gleiche gilt auch in der Gegenrichtung: Kinder haften für ihre Eltern, wenn es diesen mal finanziell schlecht geht. Was schnell passieren kann, wenn sie pflegebedürftig werden und ein teurer Heimplatz bezahlt werden muss. Da schmilzen Rücklagen wie Schnee in der Sonne.
Ist es gerecht, dann die Kinder dafür bezahlen zu lassen und ihnen ihre eigene finanzielle Zukunftsplanung zu verbauen? Gegenfrage: Ist es gerecht, dass die Allgemeinheit dafür einsteht? Was sie freilich in zahlreichen Fällen tun muss, in denen weder beim Pflegebedürftigen noch bei dessen Kindern etwas zu holen ist. Umso mehr sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass diejenigen Söhne und Töchter, die zur Unterstützung ihrer Eltern in der Lage sind, dann auch in Anspruch genommen werden. Familiensolidarität muss in den Fällen, in denen Geld da ist, einer Finanzierung durch die Allgemeinheit vorgehen. Kommunen, die ohnehin schon stark mit den von ihnen zu zahlenden Sozialleistungen belastet sind, haben nun wirklich nichts zu verschenken.
Durch die jetzt geplante Einkommensgrenze werden eine ganze Menge Leute aus der Pflicht zur Familiensolidarität herausfallen. Schön für sie. Aber ist es wirklich gerechtfertigt, jemanden, der 80.000 oder 90.000 Euro im Jahr verdient, aus der Verantwortung gegenüber seinen Eltern zu entlassen und die Kosten der Allgemeinheit aufs Auge zu drücken? So wird die öffentliche Hand noch mehr bezahlen müssen. Dabei hat die Pflege mit ihren für die Mitarbeiter schlechten Bedingungen und dem dadurch bedingten Pflegemangel doch ganz andere Probleme. Hier sind Finanzspritzen zur Lösung der immer drängender werdenden Misere viel dringlicher.