Mehr Wettbewerb auf der Schiene
Kartellamt nimmt sich die Bahn zu Recht vor
Der Riese gibt sich unbeeindruckt. Die Bahn weist den Verdacht des Kartellamts wegen Missbrauchs ihrer Marktmacht weit von sich. Die Tickets der Wettbewerber mitzuverkaufen, könne man von ihr nicht verlangen. Der Vertrieb von Fahrkarten sei ein strategisch wichtiger Wettbewerbsfaktor, und da müsse man die Konkurrenten nicht auch noch unterstützen.
Auf den ersten Blick klingt die Argumentation der Bahn schlüssig. Schließlich wird ja auch kein Bäcker gezwungen, die Brötchen der Konkurrenz mitzuverkaufen. Nur: Bei der Bahn liegt der Fall doch anders. Sie ist gegenüber ihren Konkurrenten in einer marktbeherrschenden Position. Über ihr Tochterunternehmen, die Betreibergesellschaft DB Station&Service AG, hält sie die Bahnhöfe. Und die Bahnhöfe sind nun mal das Tor zur Bahn. Sind die Wettbewerber hier nicht sichtbar, werden sie auch von den Kunden nicht wahrgenommen.
Es ist nachvollziehbar, dass sich die Bahn auf ihrer komfor-tablen Position ausruht, zumal ihr durch den boomenden Fernbusverkehr längst der Wind des Wettbewerbs ins Gesicht weht. Da ist es ihr lieb, lästigen Konkurrenten auf der Schiene als Hausherr der Bahnhöfe Steine in den Weg zu legen.
Dabei ist es ganz und gar nicht undenkbar, an den Schaltern auch Tickets anderer Unternehmen mitzuverkaufen. So wie auch nebenan in der Bahnhofsbuchhandlung verschiedene Zeitungen und Zeitschriften angeboten werden. Selbstverständlich müssten sich die Konkurrenten dann an den Vertriebskosten beteiligen.
Der Wettbewerb auf der Schiene sollte durch das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis entschieden werden. Nicht durch das Abhalten der Kundschaft vom bequemen Ticketkauf. Es wäre im Interesse der Fahrgäste, wenn sie sich am Schalter für das eine oder auch für das andere Unternehmen entscheiden könnten. Doch diese Auswahl bekommen sie am Bahnhof nicht geboten. Nur ein echter Wettbewerb macht das Bahnfahren attraktiver und bringt mehr Menschen auf die Schiene. Dass die Bahn in Abwehrstellung geht, um sich nicht im direkten Vergleich mit der Konkurrenz messen zu müssen, spricht überdies nicht für das Vertrauen in die eigene Leistungskraft.