Meinung Die Zeit des Wartens ist vorbei – endlich
Meinung · Der Weg für das jetzt vorgelegte Fachkräftezuwanderungsgesetz ist noch lange nicht frei. Zunächst wird das Werk noch ordentlich durch die parlamentarischen Mühlen gedreht werden, ehe es dann vorausichtlich 2020 in Kraft treten kann.
In den nächsten Monaten müssen sich die drei Minister Peter Altmaier, Hubertus Heil und Horst Seehofer also noch auf Einiges gefasst machen.
Denn bereits absehbar ist: Diejenigen in der Union, die nach wie vor nicht wirklich einsehen wollen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, und die auch ignorieren, dass Hunderttausende qualifizierte Fachkräfte fehlen, werden viel daran setzen, neue Hürden in das Regelwerk hineinzuschreiben. Insbesondere im Bereich der Beschäftigungsduldung. Schon vor dem Kabinettbeschluss meldeten sich die ersten Kritiker lautstark zu Wort. Neue Hürden würden aber bedeuten, dass das Gesetz überhaupt keine Wirkung mehr erzielt.
Schon jetzt sind die Pläne der Koalition extrem bürokratisch und sehr kompliziert gefasst, weil man die Zuwanderung in die Sozialsysteme verhindern will. Der Normenkontrollrat, zuständig für den Abbau von Bürokratie, wird sich mit Wonne auf die entsprechenden Bestimmungen stürzen. Allein die neu geschaffene Einwanderungsmöglichkeit zur Berufsausbildung ist mit so vielen Voraussetzungen überfrachtet, dass sie in der Praxis zur Einzelfallregelung verkommen wird. Wer also noch weiter draufsattelt, macht das Regelwerk gänzlich unbrauchbar.
Erfolg oder Misserfolg des Vorhabens hängt zudem von Faktoren ab, die nicht im Gesetzestext stehen: So müssen die zuständigen Behörden wie Ausländerämter, Anerkennungs- und Visastellen erst einmal fit gemacht werden für die Umsetzung. Dazu braucht es dringend mehr Personal. Bis sich die Verfahren dann eingespielt haben, wird mindestens ein weiteres Jahr ins Land gehen. Mit einem schnellen Run ausländischer Fachkräfte auf offene Stellen in Deutschland darf also keiner rechnen. Hinzu kommt, dass die große Koalition am Tropf der Wirtschaft und ihrer Verbände hängt. Ohne eine umfassende Anwerbestrategie ihrerseits nützt auch das schönste Gesetz nichts.
Nichtsdestotrotz haben Union und SPD Lob verdient: Das Projekt ist wahrlich historisch. Jahrzehntelang haben sich große Teile der deutschen Politik immer wieder gewunden anzuerkennen, dass die Republik zum eigenen Wohl Einwanderung in den Arbeitsmarkt benötigt. Nie war das so klar wie heute, wenn man auf den erheblichen Kräftebedarf der Unternehmen blickt. Oft genug lagen gute Ideen auf dem Tisch wie einst die der Einwanderungskommission unter Leitung der früheren CDU-Bundestagspräsidenten Rita Süssmuth. Das ist fast 20 Jahre her. Die Zeit des Wartens ist jetzt zumindest vorbei. Endlich.