Meinung Merkels entscheidende Rolle ist keine militärische
Dass Frankreichs Präsident François Hollande nach den Anschlägen von Paris nicht die Nato um Hilfe bittet, hat vor allem einen Grund: Er will gegen den Terror des Islamischen Staates eine Koalition schmieden, die Russland und die arabischen Staaten nicht ausschließt.
Der gemeinsame Kampf gegen die Dschihadisten soll alle Gräben überwinden. Vielleicht können sich Russen und Amerikaner dabei sogar auf eine gemeinsame Strategie zur Lösung des Syrien-Konfliktes einigen. Das klingt wunderbar, ist aber nicht mehr als eine schöne Illusion.
Krieg gegen den Terror gibt es schon lange. Der Westen hat sich entschieden, in Afghanistan, im Irak und in Libyen militärisch einzugreifen. Das Ergebnis ist bekannt: mehr Krieg, mehr Chaos, mehr Terror. Anders als seine Gegner hat der IS einen Plan: Er will Europäer, Amerikaner und auch Russen zu Gegenschlägen provozieren. Die selbst ernannten Gotteskrieger wissen, dass Luftschläge immer auch zum Tod von Zivilisten führen. So entstehen genau jene Propaganda-Bilder, die der IS will: Bomben töten Menschen und schaffen neue Terroristen.
Trotzdem: Wir wollen dem Terror nicht einfach ausgeliefert sein, wir können die Anschläge auf unsere Art zu leben nicht tatenlos hinnehmen. Militärisches Handeln ist sinnvoll, weil mit einer Organisation wie dem Islamischen Staat nicht verhandelt werden kann. Nur: Wer Ziele in Rakka oder Mossul angreift, wer Ölfelder und Raffinerien bombardiert, der tötet immer auch Unschuldige. Hochtechnisierte Armeen können die Terroristen schwächen, aber kein Land befrieden.
Trotz dieser bitteren Wahrheit wird sich Deutschland direkt am Kampf gegen den IS beteiligen. Alles andere wäre nicht zu vermitteln. Angela Merkel steht im Wort. Die Kanzlerin hat Frankreich zurecht „jedwede Unterstützung“ zugesagt. Die Bundeswehr muss das leisten, was sie leisten kann — auch wenn das die Gefahr von Anschlägen erhöht. Feiges Wegducken kann keine Alternative sein. Merkels entscheidende Rolle ist aber nicht die militärische: Jenseits der Bomben braucht die Welt eine politische Strategie, die der Region eine Perspektive bietet und Millionen von der Flucht abhält. Deutschland wird seiner gewachsenen Bedeutung weniger mit Tornados gerecht, sondern mit guter Diplomatie. Wenn Merkel Russlands Präsident Putin dabei im Boot hält, ist schon viel erreicht.