Michael Glos’ Abgang ist ein Glücksfall

Die Absicht von Michael Glos ist klar: Der Wirtschaftsminister ohne Fortune ist nicht nur amtsmüde. Er wollte mit seinem Rücktrittsangebot, das die Öffentlichkeit zur selben Stunde wie die Kanzlerin und den CSU-Chef erreichte, Angela Merkel und Horst Seehofer schlicht düpieren.

Diese Rechnung ist aufgegangen - vor allem weil Seehofer und Merkel Glos’ Rücktritt zunächst aus persönlichen und parteitaktischen Motiven ablehnten. Das aber konnten beide nicht durchhalten.

Michael Glos ist nie wirklich im Wirtschaftsministerium angekommen. Während Edmund Stoiber das Haus noch zum Superministerium ausbauen wollte, war sein Ersatzmann in der Großen Koalition von Beginn an eine Leerstelle. Glos zoomte das Ministerium bis zur Bedeutungslosigkeit herunter.

Spätestens mit Ausbruch der weltweit größten Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren war diese Besetzung ein unhaltbarer Zustand. Von Glos kamen in den vergangenen Monaten keinerlei Impulse. Und weil das so war, blendete ihn die Kanzlerin in ihrer Krisenpolitik komplett aus.

Angela Merkel hätte deshalb dankbar über Glos’ Rücktrittsangebot sein müssen - auch wenn es ihr mit Blick auf den Fahrplan bis zur Bundestagswahl im September nicht so recht in den Kram passen mochte.

Stattdessen hätte sie mit dem Ansinnen, Glos gegen seinen Willen im Amt zu halten, ihre Regierung dem Gespött preisgegeben. Was wiegt denn der persönliche Affront und die Herausforderung, mit der CSU einen überzeugenden Nachfolger zu finden, gegen den Vertrauensverlust bei den Wählern, bei der Wirtschaft und bei den Partnern Deutschlands in der Welt?

Mit ihrer Korrektur kann Merkel diese Scharte auswetzen. Bei der Neubesetzung geht es aber nicht nur darum, wieder Ruhe in die Regierung zu bekommen. Je stärker die Kanzlerin von der Wirtschaftskrise getrieben wird, desto deutlicher tritt die verloren gegangene wirtschaftspolitische Kompetenz in der Union hervor.

Der erzwungene Pragmatismus, mit dem die Regierung Banken verstaatlichen, Unternehmen retten und den Konsum ankurbeln muss, ersetzt keinen Kompass, mit welchem wirtschaftspolitischen Konzept die Industrienation Deutschland nach der Überwindung der Katastrophe an ihre alten Erfolgen anknüpfen kann. Im Gegenteil.