Bundeswehr-Soldaten leiden unter Afghanistan-Trauma: Ein Fernsehfilm und seine Wirkung
Gut 3600 Bundeswehrsoldaten sind ständig in Afghanistan im Einsatz, 60000 waren schon am Hindukusch stationiert. Anschläge sind an der Tagesordnung, 30 Deutsche sind bis heute getötet, rund 100 verletzt worden.
Ein Fernsehfilm zur besten Sendezeit hat bewirkt, dass diese Zahlen aus einer anderen Welt auf einmal auch uns betroffen machen. Was gern als "Mission" verharmlost wird, ist Krieg. Ein Krieg, der seelische Wunden schlägt, junge Menschen für den Rest ihres Lebens traumatisiert, Familien zerstört. Im Namen der Bundesrepublik Deutschland.
Verteidigungsminister Jung hat die Botschaft des ARD-Spielfilms "Willkommen zu Hause" offenbar verstanden. Die Bundeswehr werde ein Kompetenz- und Forschungszentrum aufbauen, das sich mit den Belastungen beschäftigt, die etliche Afghanistan-Soldaten im Gepäck mit nach Hause bringen, kündigte der Minister gestern an.
Die Bundeswehr hat gegenüber ihren Soldaten nie einen Hehl daraus gemacht, dass es in einem Einsatz wie in Afghanistan um Leben und Tod geht. Sie gibt ihren Männern und Frauen Ärzte, Psychologen, Geistliche mit, wenn sie irgendwo in der Welt ihren Dienst versehen. Zu beklagen war in der Vergangenheit, dass Regierung und Parlament den Krieg und den enormen Druck, der auf den Soldaten lastet, nicht beim Namen nennen mochten. Das ist seit gestern anders. Mit dem Bild von den deutschen Brunnenbohrern am Hindukusch ist Schluss.
Wenn der Verteidigungsminister von Sorge um den Zustand seiner Soldaten spricht, setzt er ein nicht zu unterschätzendes Signal. Kein Soldat, der Raketenüberfälle oder das Sterben von Kameraden miterlebt hat, muss sich schämen oder gar "Weichei" schimpfen lassen, wenn ihm das ans Gemüt geht. Er ist vielmehr ein lebender Beweis, dass in unseren Breiten die Welt ziviler, menschlicher geworden ist.
Diese Erkenntnis gehört endlich auch einmal in die politische Debatte, spätestens wenn es erneut um eine Ausweitung des Afghanistan-Kontingents geht. Unsere Soldaten haben es verdient, nicht als Figuren wahrgenommen zu werden, die für Truppenstärke sorgen, sondern als Individuen mit Gesichtern und Gefühlen. Auch und gerade, wenn sie sich freiwillig in den Dienst unseres Landes stellen.