Meinung NRW-SPD hat sich im Fall Hinz nicht mit Ruhm bekleckert
Petra Hinz legt ihr Bundestagsmandat nieder, noch in diesem Monat. Und sobald die SPD die Nachfolge in Berlin operativ geregelt hat, gibt sie ihr Parteibuch zurück. Ein letzter Liebesdienst für ihre Partei, die zwei Wochen lang versucht hat, Hinz im Krankenstand durch massiven öffentlichen Druck zur Mandatsniederlegung zu drängen.
Diese SPD darf das Mandat, das der Politikerin von den Wählern, nicht von der Partei verliehen wurde, nun also behalten. Grund zum genossenschaftlichen Jubilieren gibt es trotzdem nicht. Schon gar nicht in der NRW-SPD. Der öffentliche Umgang von Justizminister Kutschaty und auch von Ministerpräsidentin Kraft mit der Affäre Hinz wird sich bei den Landtagswahlen im Mai deutlich bemerkbar machen.
Die Konkurrenz kommt vor Lachen nicht in den Schlaf. Nein. Kommentieren möchte man das Sommertheater nicht, heißt es hinter vorgehaltener Hand bei der CDU, man könne die Sozialdemokraten ja bei der Selbstzerlegung stören. Und in der Tat, da ist was dran.
Natürlich: Auch Hinz hätte es besser machen können. Machen müssen. Mal abgesehen davon, dass die Erfindung einer akademischen Ausbildung ein unentschuldbares Vergehen ist: Als ihre Lebenslauf-Lüge an jenem Dienstag im Juli öffentlich wurde, hätte sie sofort alle Ämter und Mandate zurückgeben müssen.
Hat sie nicht. Warum, wissen nur sie selbst und der Justizminister. Ob sie einer Absprache gefolgt ist, von der Kutschaty schon Stunden später nichts mehr wissen wollte, darüber bleiben zwei Aussagen bestehen. Wobei Hinz, von einer aufregten Meute als lügnerische, beratungsresistente Furie durch die Republik gejagt, das fast schon egal sein kann. Das Leben, wie sie es bis zum 19. Juli kannte, ist vorbei. Unwiederbringlich. Kutschaty hat deutlich mehr zu verlieren.
Zuvorderst seine Glaubwürdigkeit. Die Taktik „lautstark und wortgewaltig“ hat nicht funktioniert. Ein Ultimatum für die Galerie, eine Pressekonferenz ohne Ergebnis, der Hilferuf an die Fraktion in Berlin: Vielleicht fehlen bei der Wahl der Waffen die Mittel. Empathie wäre eines gewesen. Stattdessen tönen Kraft und Kutschaty gestern wie aus einem Munde: Wer ein Interview geben kann, kann auch einen Notar aufsuchen. Eine bemerkenswerte Ferndiagnose.
Zugegeben, den schmalen Grat zwischen Härte und menschlicher Verantwortung zu treffen, ist schwer. Weil es an der SPD-Basis kontroverse Debatten zur Causa Hinz gibt.
Heute noch mehr als gestern.