Meinung Prädestiniert für Wettbetrug
Wie glaubwürdig die Anschuldigungen sind, selbst in Wimbledon und bei anderen Grand-Slam-Turnieren seien Tennis-Matches von Top-50-Spielern verschoben worden, wird sich noch herausstellen müssen. Bewiesen ist bislang nichts, Namen wurden nicht genannt.
Und die Preisgelder bei jenen großen Turnieren sind opulent: Geld lässt sich für die Topspieler dort auch auf sportliche und legale Weise verdienen. Vor schnellem Urteil muss man deswegen warnen.
Anders sieht es bei den kleineren Turnieren aus, die erstens weniger im Fokus stehen und zweitens weniger Preis- und Antrittsgelder für Spieler zahlen — zumal jenen, die aus der zweiten Reihe kommen. Das Problem: Bei diesen kleinen Turnieren lässt sich als Sportwetter problemlos genauso leicht das Konto aufbessern wie bei den großen Turnieren. Und hier dürfte der Wettpate auch auf bereitwillige Sportler treffen, die ihre Kasse jenseits der Legalität aufbessern wollen. Von solchen Manipulationsversuchen auf kleineren Turnieren, sagte die deutsche Tennisspielerin Andrea Petkovic gestern, habe sie auch bereits des Öfteren gehört. Und glaubwürdig erscheint ihr das auch: „Weil da verdienst du echt nichts, und da ist der Anreiz größer, das zu machen.“
Wer je erlebt hat, auf was in einem Tennisspiel alles gewettet werden kann, der ahnt die Ausmaße des möglichen Wettbetrugs: Wer hat den ersten Aufschlag? Wer gewinnt das nächste Spiel — zu 15, zu 30 oder doch nach Einstand? Wer holt sich den Satz, wer das Match? Alles ist möglich. Und alles ist so leicht manipulierbar wie in kaum einem anderen Sport. Weil sich nur zwei Spieler gegenüberstehen. Weil der Grat zwischen Sieg und Niederlage ohnehin ganz schmal und nur ein Einzelner für sein persönliches (Un-)Glück verantwortlich ist. Wenn gilt, dass es Wettbetrug dort gibt, wo Millionengelder auf Sportereignisse gewettet werden, dann ist das Tennis prädestiniert. Es würde niemanden überraschen.