Russland: Reden ist besser als Eskalation
Der Siemens-Chef und der Altkanzler als Russland-Versteher.
Es wirkt ganz so, als fielen zwei Schwergewichte dem Westen bei seiner im Schulterschluss geübten Sanktionspolitik gegenüber Russland in den Rücken. Da zeigt der alte Staatenlenker Helmut Schmidt Verständnis für Wladimir Putin. Dafür, dass dieser die Krim nach Russland geholt hat. Und nennt die Sanktionen dummes Zeug. Da reist der Chef eines der wichtigsten deutschen Unternehmen ausgerechnet in einer Phase zu Putin, in der über mögliche Wirtschaftssanktionen diskutiert wird. Und lobt ihn anbiedernd im Plauderton für dessen wunderbare Sotschi-Winterspiele, um sodann Russland, dem guten Siemens-Kunden, weiter gute Geschäfte zu versprechen.
Haben wir es hier mit zwei Russland-Verstehern zu tun, die der gemeinsamen Sache des Westens nicht nur schaden, sondern den Machthunger des Kreml-Zaren auch noch vergrößern? Gewiss bewegen sich beide auf einem sehr schmalen Grat. Auf der einen Seite ist da die Gefahr, dass Putin sie zu Werkzeugen seiner Propaganda macht. Auf der anderen Seite ist da aber auch die Chance, die die beiden — auch wenn sie nicht demokratisch legitimiert sind — zu Botschaftern macht. Zu Botschaftern, die ein Gegengewicht zu einer Rhetorik ins Spiel bringen, die den unberechenbaren russischen Präsidenten zu weiteren unliebsamen Schritten veranlassen könnte.
Die Spöttelei des US-Präsidenten Barack Obama, der vor ein paar Tagen gesagt hat, Russland sei doch nur eine Regionalmacht, war ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Glaube doch niemand, in der Politik, zumal bei einem wie Putin, spielten nur rationale Abwägungen eine Rolle. Insofern ist es wichtig, dass es auch andere Kontaktpersonen im Westen für ihn gibt.
Es geht längst nicht nur um Wirtschaftssanktionen, die neben Russland auch Tausende deutsche Unternehmen und Hunderttausende Arbeitsplätze hierzulande betreffen würden. Es geht auch darum, das Zünden weiterer Eskalationsstufen in dem Konflikt zu verhindern. Der Siemens-Chef hat den Primat der Politik anerkannt. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Doch so lange die Politik nicht entschieden hat, ist es richtig, schwer rückholbare Entscheidungen möglichst vermeiden zu helfen — indem man im Dialog bleibt.