Frauenquote: Ohne gesetzlichen Druck geht es nicht

Große Koalition führt eine verbindliche Frauenquote ein

Ein Kommentar von Vera Zischke.

Foto: Schinkel, Uwe (schin)

Die gesetzliche Frauenquote ist überfällig und muss nach viel zu langem Zaudern mit Nachdruck durchgesetzt werden. Denn seit sich die Wirtschaft vor 13 Jahren freiwillig dazu verpflichtet hat, Frauen stärker zu fördern, ist lächerlich wenig passiert. Unter den Chefs der 200 umsatzstärksten deutschen Firmen waren 2010 nur zwei Frauen. Die Zahl der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder stagniert derzeit, bei den Vorstandsmitgliedern ist sie sogar rückläufig. Damit ist klar: Ohne gesetzlichen Druck geht es nicht. Großunternehmen sind sonst offenbar nicht in der Lage, den Anteil der weiblichen Führungskräfte spürbar zu erhöhen.

Stattdessen haben Wirtschaftslenker in den vergangenen Jahren trefflich dazu beigetragen, alberne Vorurteile über die Frauenquote zu schüren. Etwa, dass sie unqualifizierten Frauen zum Erfolg verhilft. Noch beliebter: Dass sich eine Frau nicht in einer Führungsposition wohl fühlen kann, die sie nur wegen der Quote erlangt hat.

Beides ist schlichtweg falsch. Zum einen gibt es ausreichend führungstaugliche Frauen mit juristischer und betriebswirtschaftlicher Expertise. Die Hälfte aller BWL-Studenten heutzutage ist weiblich. Zum anderen ist es unstrittig, dass Männer-Netzwerke eine bedeutsame Rolle bei der Vergabe von Führungspositionen spielen. Es gibt sogar einen Fachbegriff dafür, dass männliche Top-Manager bevorzugt Männer einstellen — „homosoziale Reproduktion“.

Die Quote stellt lediglich eine Chancengleichheit her, die sich sonst nicht einstellen würde. Und was ist eigentlich schlimmer: Wenn ein Mann einen Job durch seine Netzwerk-Kontakte bekommt, oder wenn eine Frau leichter in eine gute Position gerät, weil ihr der Gesetzgeber Rückendeckung gibt? Die Frauen sollten sich in diesem Punkt nun wirklich kein schlechtes Gewissen einreden lassen.

Stattdessen bietet die Frauenquote auch Männern Chancen. Durch einen höheren weiblichen Anteil werden die Großkonzerne dazu gezwungen, sich endlich auch familientaugliche Arbeitsmodelle für ihre Top-Leute einfallen zu lassen. Elternzeit für männliche Chefs — das ist häufig ein Tabu. Schwangere Chefinnen werden zwangsläufig dazu beitragen, dass sich die Konzernriesen bewegen.