Meinung Schlechte Verpackung - aber hauptsache gutes Gewissen

Meinung | BErlin · Seit Einführung des Pfandes auf ausgewählte Einweg-Getränkeverpackungen im Jahr 2003 hat sich hier zweifellos eine Menge zum Besseren gewendet. Dennoch: Es reicht nicht. Ein Kommentar von Stefan Vetter.

Stefan Vetter.

Stefan Vetter.

Foto: k r o h n f o t o . d e

Ja, es ist schick geworden, mit dem Pappbecher Kaffee durch die Stadt zu ziehen. Voll im Trend liegen auch immer kleinere Getränkedosen, wie überhaupt die Einwegverpackungen einen ungeahnten Siegeszug angetreten haben. Wenn Umweltorganisationen deshalb Alarm schlagen, handelt es sich zunächst einmal um ihr ureigenes Geschäft. Als ökologische Spinnerei sollte man das trotzdem nicht abtun – auch wenn es für den Verbraucher zweifellos schwerer geworden ist, pauschal zwischen guten und schlechten Verpackungen zu unterscheiden.

Mancher mag sich noch an die vielen Dosen oder Flaschen erinnern, mit denen Wege und ganze Parks zugemüllt waren. Seit Einführung des Pfandes auf ausgewählte Einweg-Getränkeverpackungen im Jahr 2003 hat sich hier zweifellos eine Menge zum Besseren gewendet. Politisches Hauptanliegen war damals allerdings eine Ausweitung des Mehrweganteils. Der lag seinerzeit bei nur noch gut 70 Prozent, was schon als besorgniserregend galt. Heute können Umweltschützer von einem solchen Wert nur träumen. Allein in den letzten zehn Jahren ging ihr Anteil um fast ein Fünftel zurück.

Diese Entwicklung hat viel mit Psychologie zu tun. Wer seine Einwegflasche in den Pfandautomaten steckt, hat nicht unbedingt das Gefühl, etwas Schlechtes zu tun. Irgendwie wird diese Flasche schon sinnvoll verwertet werden, so die Denke. Dass es sich in vielen Fällen um eine „thermische Verwertung“ handelt, die Flasche also schlicht verbrannt wird, ist weniger in den Köpfen verankert.

Auch die Verpackungsindustrie verwendet viel Kreativität darauf,  Verbrauchern ein gutes Gewissen zu machen. Da werden Einwegbecher als kompostierbar angepriesen, obwohl sie sich nur langsam abbauen. Oder gleich als ökologisch wertvoll, weil sie aus Mais hergestellt wurden. Dass dafür Pestizide und viel Energie benötigt wurden, bleibt eher im Dunkeln.

Und dann ist da noch eine wachsende Vielfalt auch bei Mehrwegflaschen. Während Einheitsflaschen von vielen Abfüllern genutzt werden können, müssen individuelle Formen zum ursprünglichen Hersteller zurück. Das kann die Transportwege erheblich verlängern.

Und welchen Reim sollen sich die Konsumenten nun darauf machen? Einschlägige Studien zeigen, dass die Mehrwegflasche aus Kunststoff immer noch erste Wahl bei der Umweltbilanz ist. Bei Großveranstaltungen müsste ebenfalls umgedacht werden. Mehrweg-Plastebecher sind dort immer noch selten. Es liegt an den Kommunen, entsprechende Auflagen zu erteilen.

Übrigens gibt es auch schon einige praktische Beispiele für wiederverwendbare Coffee-to-go-Becher samt Pfandsystem. Auch so etwas kann ja schick sein.