Meinung SPD-Vorsitzsuche ist nicht durchdacht
Meinung · Das Schaulaufen um den SPD-Vorsitz hat in Saarbrücken begonnen, der Prozess rollt. Jedoch tut sich die Partei mit dem gewählten Verfahren keinen Gefallen. Es wirkt zwar modisch und basisdemokratisch. Ist aber nicht durchdacht.
Zum einen ist der Prozess viel zu lang und aufwendig. Mitten in einer wichtigen Phase der Politik – Stichworte Brexit, Klimaschutzpaket, Grundrente – beschäftigt sich die Regierungspartei SPD fast komplett mit sich selbst. Die Union hat bis Dezember keinen echten Verhandlungspartner. Bei aller Liebe, aber 23 Regionalkonferenzen mit 15 Kandidaten in vier Wochen, das ist übertrieben.
Zwar war der Auftakt durchaus unterhaltsam. Aber bald schon wird sich das Format abnutzen, das öffentliche Interesse erlahmen. Außerdem: Bei den Regionalkonferenzen geht es um den größten Applaus im Saal. Wer den bekommt, muss aber nicht der Beste für die zahlreichen Parteimitglieder sein, die an den Veranstaltungen nicht teilnehmen, geschweige denn für das Wahlvolk. Bestes Beispiel: Ralf Stegner, einer der Saalsieger von Saarbrücken.
So wie die SPD die Doppelspitze angeht, ist es ein großes Missverständnis. Richtig wäre es gewesen, einen Mann und eine Frau getrennt zu wählen, damit dann zwei Vorsitzende mit jeweils eigener Macht gemeinsam agieren können. Die auch unterschiedliche Richtungen repräsentieren.
Bei der SPD aber kandidieren nur Pärchen, die sich vorher selbst gefunden haben und bei denen fast immer einer (oder eine) der deutlich Stärkere ist, der andere eher Beiwerk. Fast alle kommen zudem nur aus der zweiten oder dritten Reihe der Politik. Es ist sehr fraglich, ob die aufwendige Vorsitzsuche am Ende so zu einer langfristig tragfähigen Lösung führen wird, die die Partei nach innen beruhigt und nach außen wieder auf die Erfolgsspur bringt.