Strompreisentwicklung: Aussitzen funktioniert nicht

Die Strompreisentwicklung wird ein Wahlkampfthema

Reflexe von Politikern sind in der Regel berechenbar. Manchmal ist nur die Frage, welches politische Lager zuerst zuckt. Diesmal war es der Arbeitnehmerflügel der CDU. Ihn treibt um, dass der Strom immer teurer wird, was besonders Geringverdiener hart treffe.

Diese Reaktion hätte auch der SPD gut gestanden. Aber sie ist mit den Grünen ja Erfinder des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), das nun dafür verantwortlich ist, dass die Stromumlage um 50 Prozent plus Mehrwertsteuer steigt. Folglich muss der Durchschnittshaushalt 2013 mit gut 100 Euro Mehrbelastung rechnen. Seit 2000 ist der Strompreis um etwa 85 Prozent gestiegen. Im nächsten Jahr kommen voraussichtlich weitere gut zehn Prozent hinzu. Langsam reicht es.

Umso mehr ist der Ruf nach Entlastung von Geringverdienern aller Ehren wert. Aber bei genauerer Betrachtung ist die Forderung nach einem Sozialtarif nichts als ein Verschiebebahnhof. Was Geringverdiener nicht bezahlen können, bezahlt der Mittelstand in Deutschland einfach mit. Das ist geübte Praxis, macht die Sache aber weder gerechter noch besser.

Es ist im Grundsatz gut und richtig, dass Deutschland die Energiewende eingeläutet hat. Es ist auch richtig, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die Anstrengungen nach der Katastrophe von Fukushima noch einmal verstärkt hat. Falsch ist jedoch, dass diese Wende auf dem Rücken der Steuerzahler und Verbraucher vollführt wird. Das EEG hat offensichtlich schwere Geburtsfehler.

Eine Einspeisevergütung von beispielsweise 50 Cent je Kilowattstunde für Strom aus Sonne auf 20 Jahre festzuschreiben, wie Rot-Grün es 2000 getan hat, grenzt an Planwirtschaft und kann der wirtschaftlichen Realität nicht Stand halten. Nun werden für Neuanlagen zwar nur noch 18 bis 25 Cent je Kilowattstunde garantiert, aber das ist immer noch eine gute Rendite. Und sie wird von jedem Bürger per Stromrechnung garantiert.

Doch der hat jetzt die Nase voll — und die aktuelle Bundesregierung ein Problem. Der Strompreis wird zum Wahlkampfthema. Änderungen am EEG auf die lange Bank zu schieben, ist deshalb fahrlässig. Für Merkels neuen Bundesumweltminister Peter Altmaier bedeutet es: Reden ist Silber, die Bürger schnell entlasten ist Gold.