Ukraine - Es geht um Krieg oder Frieden

kommentar Merkel und Hollande zu Gesprächen in Moskau

Ein Kommentar von Wolfgang Kolhoff.

Es steht Spitz auf Knopf in der Ukraine. Nur so ist die ebenso überraschende wie ungewöhnliche Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande nach Kiew und Moskau zu erklären. Es geht um Krieg oder Frieden, im buchstäblichen Sinne.

Manche Nationalisten im Kreml werden frohlocken, dass sie nach der völkerrechtswidrigen Krim-Annexion und ihrer Aggression in der Ost-Ukraine nun endlich jene gleiche Augenhöhe mit der EU bekommen, nach der sie sich so sehnen. Dass Europas wichtigste Häuptlinge ohne Vorbedingungen bei Putins Hof anklopfen. Egal. Der Klügere redet trotzdem. Der Frieden ist jeden Versuch wert.

Es ist eine diplomatische Offensive auf allerhöchster Ebene und vielleicht die letzte. Die USA sind über ihren Außenminister daran unmittelbar beteiligt. Merkel und Hollande zeigen mit ihr zweierlei: Erstens, dass Europa zusammensteht. Und zweitens, dass dieses Europa keinen Dauerkonflikt mit Russland wünscht und sich daher nicht zu schade ist, alles, aber auch alles zu versuchen, um ihn abzuwenden.

Sergei Lawrow, der russische Außenminister, wird entweder von Wladimir Putin als Spielfigur eingesetzt, die den Westen hinhalten soll. Oder er hat gar nicht die Prokura, das zu vereinbaren, was er da immer wieder unterschreibt, zuletzt vor zehn Tagen in Berlin. Anders ist nicht zu erklären, dass noch keine der bisherigen Vereinbarungen gehalten hat. Auf der Ebene der Staatschefs geht man so nicht miteinander um. Wenn man sich dort belügt, gibt es keinen mehr, der die Sache noch retten kann. Das weiß auch Putin. Merkel und Hollande gegenüber muss er offen legen, was er wirklich will: Krieg oder Frieden.

Putin betreibt derzeit beides. Das eine real, aber versteckt. Das andere öffentlich, aber nicht real. Dieses Spiel muss aufhören. Merkel und Hollande werden ihm eine gesichtswahrende Lösung anbieten. Um des lieben Friedens willen. Erst ein Waffenstillstand, Ende des Materialzuflusses. Dann auch Gespräche über die russischen Interessen in der Ukraine. Unter Ausklammerung der Krim-Frage. Und sie werden Präsident Poroschenko in Kiew dazu verdonnern, diese Lösung mitzutragen.