Versammlungsgesetz in NRW Demonstrationsrecht sorgt für Stabilität

Meinung · Bei dem Streit um das neue NRW-Versammlungsgesetz geht es um sehr grundsätzliche Fragen.

Foto: dpa/Roberto Pfeil

Dass ausgerechnet eine Demonstration gegen das neue geplante Versammlungsgesetz so aus dem Ruder lief wie am Samstag in Düsseldorf, dient nun den Landtagspolitikern als Argumentationsfutter –  für ihre entgegengesetzten Positionen.

Die einen sagen: Die von den Demonstranten ausgehende Gewalt zeigt doch gerade, dass das Versammlungsrecht strenger werden muss. Der Staat braucht mehr Befugnisse, um gegen über die Stränge schlagende Demonstranten durchgreifen zu können.

Die anderen sagen: Die Übergriffigkeit der Polizei, das Einkesseln von Demonstranten, zeigt doch gerade, dass das Grundrecht der Versammlungsfreiheit beschnitten wird. Da darf es nicht noch  weitere polizeiliche Befugnisse wie Videoaufnahmen  oder ein schwammiges  Uniformierungsverbot geben.

Wie bei dem vor drei Jahren heiß umstrittenen Polizeigesetz geht es auch bei dem Versammlungsgesetz um Eingriffe in Bürgerrechte. Bürgerrechte – bei dem Wort fiel einem früher mal als Erstes die FDP ein. Als der ursprüngliche Entwurf des Polizeigesetzes am Ende abgeschwächt wurde, hatte das auch etwas mit einem Mann zu tun, der stundenlang bei den Ausschusssitzungen im Publikum saß. Ohne Mandat. Der Grande der Liberalen, Burkhard Hirsch, schaute seinen jungen Kollegen von der Regierungspartei FDP auf die Finger. Der alte Herr ist mittlerweile gestorben. Von der Regierungspartei FDP ist mit Blick auf den Gesetzentwurf der Regierung nicht viel Widerstand überliefert. Der bleibt nun SPD und Grünen vorbehalten, die insoweit auch die FDP genüsslich vor sich hertreiben.

Proteste von Minderheiten sind lästig für die regierende Mehrheit. Gewiss. Aber Beschneidungen des Versammlungsrechts sind nicht nur Eingriffe in den Minderheitenschutz. Das Demonstrationsrecht hat auch eine stabilisierende Funktion für das politische System. Das Bundesverfassungsgericht hat es einmal so ausgedrückt: „Das Demonstrationsrecht gestattet Unzufriedenen, Unmut und Kritik öffentlich vorzubringen. Es zeigt wie ein politisches Frühwarnsystem Störpotenziale an. Es macht Kurskorrekturen in der Politik möglich.“