Meinung Was ist die Erkenntnis aus den Greenpeace-Papieren?
Wer TTIP schon immer doof fand, wird sich durch die niederländische Greenpeace-Veröffentlichung bestätigt sehen. Wer das Freihandelsabkommen zischen der EU und den USA tendentiell als sinnvoll erachtet, muss nicht umdenken, denn die 16 gestern veröffentlichten Dokumente enthalten keine neuen Erkenntnisse.
Das hängt mit der Natur dieser Papiere zusammen: Es sind keine Originale, sondern lediglich wörtliche Abschriften — sagt Greenpeace.
Prüfen kann man das nicht. Es ist auch nicht klar ist, von was genau die Abschriften stammen. Sie enthalten vor allem Diskussionsstände, in denen die USA für ihre Position eintreten und die EU ihre; wo am Ende die Kompromisslinien verlaufen könnten (wenn sie denn gefunden werden), ist nicht ersichtlich oder vorgegeben. Beispiel: Die Aufregung um Schiedsgerichte (Stichwort: Investitionsschutz) neben der ordentlichen Justiz, die die USA auch für Europa wollen. Aus den Papieren (Dokument 16, Seite 3) geht hervor, dass die EU im November 2015 hier ihre Verhandlungsposition noch einmal deutlich verschärft hat.
Dass gerade Deutsche dieses Thema als Ablehnungsgrund für TTIP ins Feld führen, ist argumentativ ein flotter Steinwurf aus dem geschlossenen Glashaus, weil Deutschland solche Schiedsgerichte mit anderen Ländern längst vereinbart hat, so auch innerhalb der EU mit Rumänien.
Greenpeace will TTIP nicht erklären, sondern verhindern. Entsprechend hervorgehoben wurden in den gestrigen Darstellungen vor allem Passagen, die die USA als finstere Marktmacht zur Absenkung des Verbraucherschutzes, bedenkenlose Genfood-Fans und Feinde europäischen Rechts erscheinen lassen. Gerade beim Verbraucherschutz gibt es aber nicht richtig oder falsch, die Ansätze sind einfach grundverschieden: Verbieten, was erwiesenermaßen gefährlich ist (USA), oder verbieten, was gefährlich sein könnte (EU).
Der Greenpeace-Kampagne ist die polarisierende Darstellung dienlich, der sachlichen Aufklärung nicht. Somit hat ein wesentlicher Erkenntnisgewinn nicht mit TTIP zu tun: Früher beging Greenpeace im Namen der guten Sache Piraterie auf hoher See und verletzte das Hausrecht zur Besetzung von Atommeilern, heute nutzen die Aktivisten Rechner statt Regenbogenschiffe. Früher berichteten Medien über die Anliegen dahinter, diesmal machten sich WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung zur Plattform der Aktivisten. Der Glaubwürdigkeit dient das nicht.