Meinung Wien auf Rechtskurs

Heute wird Sebastian Kurz als neuer Bundeskanzler Österreichs vereidigt. Mit 31 Jahren ist er Europas jüngster Regierungschef. Nur sieben Wochen hat Kurz gebraucht, um mit der radikal rechten FPÖ eine Koalition zu bilden.

Rolf Eckers

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Den Hinweis, dass Deutschland so etwas binnen einiger Monate nicht zustande bringt, konnte sich der Politstar aus der Alpenrepublik nicht verkneifen. Das passt: Kurz profiliert sich als Kontrastprogramm zu Angela Merkel. Der Konservative hat kein Problem damit, die Rechtspopulisten in die Regierung zu holen. Dass die Union diesen Weg mit der AfD geht, scheint undenkbar. Noch jedenfalls.

Die Mitte-Rechts-Koalition in Wien plant zwar nicht den Austritt Österreichs aus der EU, obwohl die FPÖ dies jahrelang gefordert hatte. Aber die EU soll sich anders ausrichten. Nicht mehr, sondern weniger Europa ist das Ziel. Als Verbündete sieht Kurz die Staaten Mitteleuropas, insbesondere Ungarn unter Führung des nationalkonservativen Premierministers Viktor Orbán. Als gemeinsame Überzeugung teilen sie vor allem eine härtere Gangart gegenüber den Flüchtlingen. Österreich macht es vor: Asylbewerber sollen unter anderem ihr gesamtes Bargeld abgeben, zudem gilt die ärztliche Schweigepflicht nicht mehr.

Eine grundlegend andere Position bezieht der französische Präsident Emmanuel Macron. Er wirbt für ein Ziel, das SPD-Chef Martin Schulz mit „Vereinigte Staaten von Europa“ treffend umschrieben hat. Noch ist offen, welchen Weg die EU gehen wird. Zumal Deutschland als Taktgeber der Gemeinschaft keine erkennbare Strategie verfolgt. Kanzlerin Angela Merkel hält sich bedeckt. Der künftige bayerische Ministerpräsident und CSU-Schwergewicht Markus Söder dagegen dürfte viel Gefallen an dem finden, was der Österreicher Kurz in Sachen Europa so vorhat. An seiner Seite steht übrigens auch FDP-Chef Christian Lindner. Gut möglich, dass sich die nationalkonservative Linie in Europa durchsetzt.