Wirtschaftlicher Druck ist der Schlüssel
Kommentar 700 Bootsflüchtlinge ertrinken im Mittelmeer
Weitere 700 Bootsflüchtlinge ertrinken im Mittelmeer, vergangene Woche waren es 400. Die meisten sterben aber vermutlich unbemerkt. Angesichts dieser sich ständig wiederholenden Katastrophen muss die Europäische Union endlich konsequent zusammenarbeiten, um die Ursachen der Flüchtlingswelle zu bekämpfen.
Bisher war alles immer nur Stückwerk, ein Reagieren statt Agieren. Die im Oktober 2013 von der italienischen Marine ins Leben gerufene Operation „Mare Nostrum“ sollte sowohl Leben retten als auch Schleuser dingfest machen. Bis August 2014 brachte dieser Einsatz der Insel Lampedusa 80 000 Flüchtlinge zusätzlich ein, die meisten Schleuser blieben unentdeckt. Ende Oktober 2014 wurde „Mare Nostrum“ beendet — und unter dem Namen „Triton“ auf europäische Füße gestellt. Europa setzt damit leider vor allem auf Grenzsicherung. 30 Seemeilen vor dem Meer endet das Operationsgebiet der eingesetzten sieben Schiffe, vier Flugzeuge und des einen Hubschraubers. „Triton“ ist den Europäern 2,9 Millionen Euro pro Monat wert. „Zu wenig“, sagen nicht nur Amnesty International und Pro Asyl. Die Operation ist zudem nicht geeignet, die Ursache des Dramas zu bekämpfen.
Es hilft auch nichts, nur mit dem Finger auf die Länder im nördlichen Afrika zu zeigen. Von dort ist freiwillig keine Hilfe zu erwarten. Obwohl den oft korrupten Regimes bekannt ist, dass eher der durchaus ambitionierte untere Mittelstand scharenweise seine Heimat verlässt — und sich sehr wohl der Risiken der Seereise ins Ungewisse bewusst ist. Die Afrikanische Union hat es bislang noch nicht einmal als nötig empfunden, einen Sondergipfel zum Thema Flüchtlinge einzuberufen. Die Europäische Union wäre gut beraten, endlich massiven wirtschaftlichen Druck auf diese Staaten auszuüben.
Dafür müsste die EU allerdings erst einmal mit einer Stimme sprechen. Es geht aktuell zu oft nur darum, welches Land der EU wie viele Flüchtlinge aufnehmen kann, wie das der eigenen Bevölkerung zu vermitteln ist und was dies kosten darf. Ein erster Schritt, die Ursache des Flüchtlingsdramas zu bekämpfen, ist wirtschaftlicher Druck auf die politische Führungsriege Nordafrikas.