Trauerfeier Ohne Vertrauen kann nichts funktionieren

Eine kluge Trauerrede des Bundespräsidenten

Es waren nicht 149, sondern 150 Kerzen, die bei der Trauerfeier für die Opfer des Germanwings-Absturzes vor dem Altar im Kölner Dom brannten. Also auch eine für den Co-Piloten. Das mag manch ein Hinterbliebener, bei dem nach Bekanntwerden der Absturzursache zur Trauer noch Wut hinzukam, nur unwillig akzeptiert haben. Und doch macht es Sinn.

Bundespräsident Joachim Gauck erklärte den Hinterbliebenen der Passagiere in überzeugender Weise, warum: Auch die Angehörigen des Co-Piloten hätten einen Menschen verloren, den sie geliebt haben. Auf eine Weise, für die sie genauso wenig Sinn finden wie andere Hinterbliebene.

Sinnsuche, Ursachenforschung — wir haben viel erlebt in den vergangenen Wochen. Doch es bleibt ein Gefühl der Ohnmacht, des Ausgeliefertseins. Darüber, ob eine Katastrophe wie der Absturz in den französischen Alpen verhindert werden kann, ist viel gesprochen worden. Von technischen Fragen bis zur Erkennbarkeit seelischer Krankheiten.

In einer klugen Rede zeigte der Bundespräsident, dass man allein damit nicht weiterkommt. Dass es völlige Sicherheit nicht gibt. Weil wir alle jeden Tag und immer wieder anderen vertrauen müssen. Dem Autofahrer, der uns in einer Kurve entgegenkommt oder dem Installateur, der die Gasleitung kontrolliert.

Gauck wechselte den Blickwinkel. Von dem im Kölner Dom betrauerten Fall des schändlich missbrauchten Vertrauens kam er auf die Millionen Fälle zu sprechen, in denen unser Vertrauen täglich gerechtfertigt ist. Er dankte allen, die Tag für Tag gewissenhaft für all diejenigen arbeiten, die ihnen buchstäblich anvertraut sind.

Der Perspektivwechsel mag die Bedenken und die Angst relativieren, die viele Menschen ergriffen hat, weil nach der Katastrophe der Gedanke nahe liegt — das hätte auch mich treffen können. Doch gleichzeitig gilt auch: In unendlich vielen Fällen, nicht nur im Flugzeug, geht es gut aus. Auch wenn das kein Trost für die untröstlichen Hinterbliebenen sein kann — es ist doch eine Aufmunterung für die Gesellschaft: das wertzuschätzen, was wir jeden Tag erleben. Ein Bundespräsident, so sagt man, wirkt durch die Macht seines Wortes. Joachim Gauck hat dies überzeugend unter Beweis gestellt.