Karneval „Die Stattgarde ist Dreigestirn“

Köln · „Wir sind Dreigestirn!“, dieser Satz beflügelt im Moment die Mitglieder der Stattgarde Colonia Ahoj, während Prinz René I., Bauer Michael und Jungfrau Marlis aus der eigenen Gesellschaft durch Köln ziehen und von den Jecken überall begeistert empfangen werden.

Am Samstag besuchte das Dreigestirn bei der Schiffsparty „Jeck op Deck“ auf der MS Rheinmagie seine Stattgarde.

Foto: Stattgarde/Dirk Loerper

So ist die Stattgarde mächtig stolz, dass man als junge KG nach gerade einmal knapp 22 Jahren im Kölner Karneval schon die Tollitäten stellt.

„Die Stimmung bei uns ist derzeit hochemotional. Unser Dreigestirn kommt sehr sympathisch rüber und das überträgt sich auch auf die Stattgarde. Wir feiern unser Dreigestirn, bleiben dabei aber immer bodenständig. Für uns war das der letzte Mosaikstein, der noch gefehlt hat. Als ich 2022 mein Amt als Kapitän und Präsident angetreten habe, hätte ich es mir nicht vorstellen können, dass es so schnell gehen könnte“, sagt Dieter Hellermann, der im Sommer 2023 vom Trio bei einem Essen von der Idee zur Bewerbung erfahren hatte.

2003 startete die Stattgarde mit zwölf Mitgliedern in den Karneval

„Das war für uns auch ein Statement für unser Selbstbewusstsein als junge Karnevalsgesellschaft. Und alle sind daran beteiligt. Das gilt für meine beiden Vorgänger im Präsidentenamt genauso wie für alle Teile in unserer Gesellschaft von der Kapelle, dem Tanzkorps und dem Shanty-Chor bis zu den Mitgliedern, die im Hintergrund für uns arbeiten, oder die uns wie die Reederei unterstützen.“

Dass die Verkündung, dass Köln sein erstes schwules Dreigestirn bekommt, bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat, hat die KG eher gewundert. „Es gab ja schon früher mehrere schwule Mitglieder im Dreigestirn. In Köln haben wir gerade von den traditionellen Karnevalisten sehr viel Zuspruch bekommen. Da ist das auch nicht wirklich etwas Besonderes und war auch kein Thema bei der Bewerbung. Da wurden einfach die besten Kandidaten ausgewählt. Dass die drei jetzt für Diversität und Vielfalt eintreten, ist etwas, das René, Michael und Hendrik sehr am Herzen liegt. Deswegen rufen sie auch dazu auf, am 23. Februar wählen zu gehen.“

Seit der Gründung im Jahr 2003 blickt die Stattgarde auf eine echte Erfolgsgeschichte zurück, dabei hatte man klein mit gerade einmal zwölf Mitgliedern angefangen. „Damals waren die Rosa Funken in Köln noch sehr präsent. Wir wollten aber als Karnevalisten eine andere, neue Richtung einschlagen und uns nicht nur auf das Schwulsein fokussieren. Dabei sollten auch die karnevalistischen Regeln eingehalten werden, die besagen, dass am Aschermittwoch Schluss ist und dass die Uniform dann abgelegt wird. Trotzdem wollten wir es auch anders machen, als die traditionellen Gesellschaften“, erinnert sich der Ehrenpräsident André Schulze Isfort, der zu den Gründungsmitgliedern gehört.

Dazu zählte auch der maritime Touch der Stattgarde. So bildet der Kapitän mit seinem Vorstand die Brücke, von wo aus die Crew, zu der ein Smutje genauso gehört wie ein Funker oder ein Hafenmeister, im Stammboot geleitet wird. Unterstützung kommt vom Förderverein, der Reederei, deren Mitglieder auf dem Luxusliner als Passagiere mitfahren. Auch die Beiboote mit dem Tanzkorps, dem Shanty-Chor und der Bordkapelle sind fester Teil der Gesellschaft.

„Wir wollten eine Uniform tragen, aber nicht als Kopie der Traditionskorps. Das ist bis heute unser Alleinstellungsmerkmal. Entworfen wurde unser Outfit von einem Mitglied, der eine Kostümschneiderin kannte, die das Ganze schließlich umgesetzt hat. Die ersten Uniformen waren allerdings noch aus Polyester, was nicht gerade Tragekomfort versprach. Heute übernimmt das ein Uniformschneider mit dem passenden Stoff. Unsere Mäntel kommen aus Restbeständen der Marine“, berichtet Schulze Isfort.

Den ersten Auftritt der Stattgarde gab es 2004 bei der legendären Gloria-Sitzung. Damit konnte man sich im Karneval einen Namen machen und wurde schon ein Jahr später von der Familiengesellschaft Blomekörfge für den Damenfrühschoppen gebucht. Heute hat die inzwischen 700 Mitglieder umfassende KG mehr als 100 Auftritte in der Session, die mindestens zwei Jahre im Voraus gebucht werden müssen. „Beim ersten Auftritt im Gloria waren wir sehr nervös und haben uns ordentlich eine dreiviertel Stunde vorher in die Schlange vor dem Theater gestellt. Heute rauschen wir oft auf die Minute genau mit dem Bus an. Unser Durchbruch war definitiv der Auftritt 2009 bei der Prinzenproklamation im Gürzenich.“

Angestrebt wurde von Anfang an auch die Mitgliedschaft im Festkomitee, wo man zunächst ab 2008 förderndes und ab 2013 hospitierendes Mitglied war. Heute ist die ordentliche Mitgliedschaft längst erreicht. „Anfangs hatten wir im organisierten Karneval überhaupt keine Kontakte, auch weil die KG von überwiegend Immis gegründet worden ist, die einfach in Köln ihren Karneval feiern wollten. Da liefen wir zunächst komplett unter dem Radar. Das hat sich heute grundlegend geändert. Wir sind zum festen Bestandteil des Kölner Karnevals geworden, das haben wir vor allem unserem Gründungspräsidenten Carsten Schweer zu verdanken, der sich unermüdlich um den Aufbau von Kontakten bemüht hat.“

Zu den Erfolgen zählen auch stets ausgebuchte Veranstaltungen wie die Damenparty in der Wolkenburg oder die Schiffsparty auf der MS Rheinmagie, die inzwischen bei den feiernden Jecken schon Kultstatus haben. Als passendes Stammlokal hat die Stattgarde den „Leuchtturm“ im Griechenmarktviertel gefunden. „Darüber sind wir sehr glücklich. Das ist ein tolles Viertel und wir haben dort eine echte ‘Spelunke’ und Veedelskneipe, die auch immer mehr bei jungen Leuten angesagt ist“, freut sich Hellermann.