Fiftyfifty: Die rollende Tierarztpraxis
Dem Tier helfen, um den Menschen zu erreichen; das ist das Konzept des neuen Underdog-Mobils für Obdachlose.
Düsseldorf. Susanne Kiwitt (45) und ihr Kater Rocky (4) sind ein unzertrennliches Paar. Kiwitt ist drogensüchtig und hat lange auf der Straße gelebt. "Rocky ist einfach mein Ein und Alles", erzählt sie. "Ich habe ihn als Baby bekommen und mit der Hand aufgezogen."
Mittlerweile ist sie im Methadonprogramm und hat in einer Notunterkunft ein Dach über dem Kopf gefunden. "Ohne Rocky wäre ich wahrscheinlich schon tot."
Über die Behandlung der Tiere die Menschen zu erreichen, das ist - kurz gesagt - das Konzept von Underdog, einem Projekt der Obdachlosenhilfe "fiftyfifty". Die professionell ausgestattete, rollende Tierarztpraxis, das Underdog-Mobil, ist nun fertig und wird in Zukunft einmal in der Woche die Verweilstätten der Obdachlosen aufsuchen. Ein deutschlandweit einzigartiges Projekt.
Zwei Tierärztinnen, Katja Beyer und Edda Hoffmann, und der Tierarzt Georg Speckers entwurmen, verteilen Flohhalsbänder, machen Gesundheits-Checks, impfen und unterstützen die Tierhalter bei organisatorischen Tätigkeiten wie der Anmeldung des Tieres oder beim Abschließen einer Hundehaftpflichtversicherung - alles auf ehrenamtlicher Basis. Die Streetworkerin Ila Golzari und ihre Assistentin Rita Lang, die selber lange auf der Straße gelebt hat, kümmern sich währenddessen um die Herrchen.
"Viele haben Vorurteile gegen Obdachlose mit Tieren", sagt Edda Hoffmann. "Sie haben keine Vorstellung, was das Tier für jemanden bedeutet, der auf der Straße lebt: Es liebt dich, auch wenn du stinkst oder besoffen bist - anders als viele Menschen." Und die Obdachlosen kümmern sich um ihre Lieblinge oft besser als um sich selber. "Bei mir war das so, dass ich lieber eine Dose Hundefutter für meinen Hund Sydney gekauft habe als Essen für mich", berichtet Rita Lang.
Bei der Realisierung des Underdog-Praxismobils haben viele Spender und Unternehmen mitgeholfen. Den Wagen lieferte die Daimler AG zum Selbstkostenpreis, individuell ausgebaut wurde er von Sabath Fahrzeugbau. Die Kosten summierten sich trotzdem auf insgesamt 55 000 Euro.
Die renommierte Agentur McCann Erickson hat den Namen erdacht sowie das Logo und die Gestaltung des Praxismobils ehrenamtlich übernommen. Die Idee hinter Name und Logo, ein Hund mit einer Augenklappe: Mit docs (Ärzten) under dogs (unter Hunden) sich für die Underdogs (Obdachlose) einsetzen.