Interview: Reiseführer und alles mit Liebe in den Stadtbüchereien
Kurz vor den Ferien herrscht in den Stadtbüchereien Hochbetrieb. Norbert Kamp und Martina Leschner geben einen Einblick in das Geschehen.
Düsseldorf. Sommerzeit ist keine klassische Schmökerzeit wie die dunklen Herbst- und Wintermonate — sollte man jedenfalls meinen. Doch in den Stadtbüchereien herrscht auch im Sommer Hochbetrieb. Vor allem die Jugendbücherei erfreut sich großen Zuspruchs. Für Kinder und Jugendliche ab der 5. Klasse gibt es zudem einen eigenen Sommer-Leseclub. Über das Leben in den Düsseldorfer Büchereien sprachen wir mit Bibliotheksdirektor Norbert Kamp und der Leiterin der Kinder- und Jugendbibliothek Martina Leschner.
Herr Kamp, welche Bücher werden im Sommer besonders stark nachgefragt?
Norbert Kamp: Aus unserer Erfahrung Romane, leichte Literatur, Krimis und auch etwas schnulzige Sachen wie „Hauptsache Liebe“. Extrem gefragt ist auch Reiseliteratur. Dann auch der Bereich Hörbücher. Ausgeliehen wird das, was man so am Strand lesen kann, obwohl wir gerade das nicht so gerne sehen. Wir erwarten ja, dass unsere Bücher pfleglich behandelt werden. Aber manchmal bekommen wir Bücher zurück, in denen sich Sandkörner festgesetzt haben.
Kommen auch viele jüngere Leser zu Ihnen?
Kamp: Kinder und Jugendliche sind für uns sehr wichtig. 34 Prozent unserer Leser sind unter 18 Jahre alt.
Frau Leschner, was entleiht denn die Jugend alles bei Ihnen?
Martina Leschner: Überwiegend Romane und Erzählungen für Kinder, vor allem Fantasy. Es gibt Titel, da können wir uns vor Nachfrage kaum retten: „Gregs Tagebuch“ von Jeff Kinney oder Suzanne Collins’ „Tribute von Panem“. Sehr angenommen wird auch „Star-Wars“ als Erzählung.
Und was ist mit Schulbüchern?
Leschner: Wir haben ein Schüler-Center mit Lernhilfen in den Bereichen Rechtschreibung, Mathe, Englisch, Französisch und Latein. Diese Schüler-Zentren gibt es nicht nur in der Zentralbibliothek, sondern in allen Düsseldorfer Stadtbüchereien. Die Schüler-Hilfen werden in den Ferien besonders stark nachgefragt. Kamp: Man muss ehrlicherweise dazu sagen: In der Regel sind das die Eltern, die sich diese Bücher ausleihen.
Ist denn in den Sommerferien mehr oder weniger Betrieb als sonst in der Zentralbibliothek?
Kamp: Die Aufenthaltsdauer verlängert sich, weil die Leute mehr Zeit haben. Auch die Vielausleiher sind dann da, ganz besonders in der Woche vor den Ferien: Dann kommen die Leute mit den großen Kisten aus dem Baumarkt und versorgen sich mit Lesestoff für den ganzen Urlaub.
Wird die Bibliothek auch zum Lernen vor Ort benutzt?
Kamp: Seit einigen Jahren werden wir stärker als öffentlicher Raum entdeckt. Das beobachten auch die Kollegen von der Universitätsbibliothek, wo ebenfalls häufiger vor Ort gelernt wird. Wenn die Temperaturen nicht weit über 34 Grad steigen, sind bei uns jedenfalls alle Leseplätze besetzt.
Frau Leschner, welche Erfahrung haben Sie mit dem Sommerleseclub gemacht?
Leschner: Wir machen das jetzt schon zum sechsten Mal für Kinder, die im Sommerleseclub angemeldet sind. Die bekommen einen Lesepass. Und wenn die Kinder nach den Ferien drei Bücher korrekt nacherzählen können, gibt es ein Lese-Zertifikat, was auch auf dem Schulzeugnis vermerkt werden kann. Das kommt bei Schülern und Eltern immer gut an.
Wird eigentlich heute mehr oder weniger gelesen als früher?
Kamp: Die Ausleihzahlen haben seit Jahren nur eine Richtung: es ging nach oben. Woran das liegt, ist schwer zu sagen, möglicherweise hat die Pisa-Studie die Leute etwas aufgerüttelt. Erfreulich ist dabei, dass vor allem Jugendliche unser Online-Angebot nutzen. Es gilt unter jungen Leuten als cool, in der Straßenbahn ein Buch auf dem Smartphone zu lesen.