Kita-Ansturm: Kinder kommen jünger und bleiben länger
Johannes Horn, Leiter des Jugendamtes, über den Ausbau von Kita-Plätzen und warum es trotzdem mancherorts klemmt.
Düsseldorf. Herr Horn, wieso liegt die Kita-Versorgungsquote bei Kindern von drei bis sechs Jahren bei 100 Prozent, und trotzdem klagen etliche Eltern, dass sie für ihr Kind keinen Platz finden?
Horn: Weil die 100 Prozent für die Gesamtstadt gelten. In einigen Stadtteilen aber fehlen Plätze.
Horn: Das betrifft im Prinzip alle innenstadtnahen, urbanen Stadtteile, also Flingern, Pempelfort, Bilk etc. Dort leben wieder mehr Kinder, wir können aber nicht sofort entsprechend neuen Platz schaffen. Bedenken Sie: Eigentlich braucht man für eine Kita-Gruppe einen Außenbereich von 300 Quadratmeter. Das ist unmöglich überall umsetzbar. Und dann gibt es in dicht besiedelten Quartieren natürlich mehr Anwohnerbeschwerden über Lärm.
Horn: Unser wichtigster Partner ist da das Amt für Statistik. Die fragen wir permanent: Wie hoch ist wo die Einwohner- und Kinderzahl und wie sieht die Prognose zur Entwicklung aus? Dann loten wir mit dem Planungsamt und dem Amt für Immobilienmanagement mögliche Erweiterungsflächen oder Neubauten für Kitas aus. Und natürlich stimmen wir uns eng mit den freien Trägern wie Diakonie, katholische Kirche, DRK oder Awo ab.
Horn: Dafür gibt es mehrere Gründe. Einmal lag hier die Kinderprognose um 100 zu niedrig, niemand weiß halt vorher exakt, wie viele Kinder auf die Welt kommen. Dann war dort mit den Heinrich-Heine-Gärten eine weitere Kita fest eingeplant, der Investor hat sie aber nicht gebaut. Und schließlich erlaube ich mir einen Hinweis auf die Anspruchshaltung mancher Eltern, die einen Platz in unmittelbarer Wohnortnähe haben möchten. Wir haben da Angebote in ganz neuen Top-Kitas etwa in Derendorf gemacht, 3,4 Kilometer vom Wohnhaus entfernt, die wurden einfach abgelehnt.
Horn: Das würde ich so nicht sagen. Richtig ist: Es gibt immer mehr Eltern, die wollen für ihr Kind die Höchstbetreuung von 45 Wochenstunden. Diese Plätze werden für über Dreijährige genauso kostenlos wie 25 Stunden angeboten, insofern ist der Wunsch der Eltern fast logisch. Für uns aber bedeutet das einen Verlust von Kita-Plätzen. Denn 45-Stunden-Gruppen dürfen nur 20 Kinder haben, nicht 25. Bei hundert solcher Gruppen fehlen somit ganz schnell 500 Plätze.
Horn: Langsam, das sind zwei Paar Schuhe. Absolute Priorität hat für mich der Rechtsanspruch für die Kinder von drei bis sechs Jahren. Und daneben hat die Stadt Düsseldorf in der Tat massiv die U3-Versorgungplätze in Kitas, aber auch in der Tages- und Großtagespflege ausgebaut.
Horn: Das war schon immer ein Thema, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ging. Aber jetzt erleben wir tatsächlich einen regelrechten Run auf U3, das ist eine große Herausforderung. Die größte Nachfrage üben Doppelverdiener und Alleinerziehende aus. Das zeigt, dass gerade viele Frauen den frühen Kita-Platz wirklich dringend brauchen. Auch weil immer mehr Arbeitgeber von Frauen eine frühere Rückkehr verlangen - drei Jahre zu Hause bleiben, das können viele nicht mehr.
Horn: Ja, den Trend beobachten wir. Die Kita wird da bereits als Bildungseinrichtung gesehen, als gute Vorbereitung auf die Schule, die deshalb gar nicht früh genug einsetzen kann. Da müssen unsere Erzieherinnen auch bremsen. Denn die Kita hat einen anderen Anspruch und ich denke, die Kinder auch. Sie brauchen einfach viel Freiraum, Ruhe, Zeit zum freien Spiel.
Horn: Ja, weil wir auch kleine Kinder situativ fördern möchten. Wir verplanen die Kinder aber nie.