Viel Tempo, wenig Leidenschaft: Martin Stadtfeld in der Tonhalle

Klavier-Festivalruhr: Der Pianist spielte Bach, Schubert und Beethoven.

Düsseldorf. Er gehört zu den wenigen deutschen Pianisten mit großem Bekanntheitsgrad, der 1980 in Koblenz geborene Martin Stadtfeld. Und er zählt zur winzigen Gruppe jener Musiker, die mit Klavierwerken von Johann Sebastian Bach ein breites Publikum ansprechen. Mit einer CD der "Goldbergvariationen" erlangte er vor ein paar Jahren seinen Durchbruch, nimmt mittlerweile aber auch Werke anderer Komponisten auf, etwa Mozart und Schubert.

Dass er mit eher strenger Musik punkten kann und nicht die beliebten Selbstläufer von Chopin, Schumann und Liszt bemühen muss, zeugt von der musikalischen Integrität des jungen Pianisten.

In der Tonhalle widmete er sich wieder Klavierwerken Bachs, der Französischen Suite h-Moll und der Fantasie c-Moll, spielte aber auch Klavierstücke von Franz Schubert und, gewissermaßen als populäres, zuverlässig mitreißendes Schmankerl, die "Appassionata" Ludwig van Beethovens.

In den langsamen Sätzen der Französischen Suite, etwa der Sarabande, wirkt Stadtfeld tief versunken. Dann verbreitet sein Spiel eine meditative Atmosphäre, in die aber nie die Gefühligkeit der Romantik hineinweht. Denn emotionaler Überschwang scheint Stadtfelds Sache nicht zu sein.

Davon zeugt bereits die bisherige Eingrenzung seines Repertoires. Analytisches Spiel und musikalische Ernsthaftigkeit sind die Qualitäten, die den Abend auszeichnen. Was noch fehlt, ist eine Prise Humor und Leichtigkeit, die vor allem im letzten Satz der Französischen Suite mit dem illustrativen Titel "Echo" ihren Reiz gehabt hätte. Die leisen Wiederholungen kurzer Tonfolgen setzt etwa ein Alfred Brendel mit mehr Charme in Szene.

Auf die Melancholie im späten Schubert versteht sich Stadtfeld aber in beachtlicher Intensität. Mit tiefer Empathie bringt er die mal herben, mal süßen Schmerzen zum Ausdruck, die so charakteristisch sind für Schuberts Musik. Zuweilen versenkt sich Stadtfeld aber so tief hinein in diese Welt, dass dem Spiel etwas Helligkeit abhanden kommt. Manches gerät diffus, dunkel und wirkt wie ein pianistisches Gemurmel. Beethovens dramatische "Appassionata" glänzt aber in klassischer Klarheit.

Zuweilen lässt Stadtfeld den leidenschaftlichen Gestus vermissen und wirkt eher unterkühlt. Dafür wagt er in der Schlusspassage des Finalsatzes ein enormes Tempo, das manchen Kollegen an seine manuellen Grenzen bringen würde. Begeisterter Beifall, zwei Zugaben: Prokofjews Toccata und Bach/Busonis "Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ".